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Klinikreform: Länder versus Lauterbach

Die Fronten sind verhärtet. Vorletzte Woche hat der Bundesrat mit der hauchdünnen Mehrheit das geplante Krankenhaustransparenzgesetz überraschend in den Vermittlungsausschuss überwiesen. Damit stehen kurzfristig nicht nur dringend benötigte Finanzmittel des Bundes für die Kliniken inklusive eines Transformationsfonds auf dem Spiel; auch die Krankenhausreform, das zentrale Vorhaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach in dieser Legislaturperiode, gerät damit erneut ins Wanken. Das Vertrauen in den Reformprozess schwindet.

Wer die Debatte in den letzten Monaten mitverfolgt hat, dürfte von dieser Entwicklung nicht überrascht sein. Wir erinnern uns: Seit der Gesundheitsminister die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung dazu auserkoren hat, die Impulse für nahezu alle maßgeblichen Strukturreformen zu setzen, hängt der gesundheitspolitische Haussegen schief. Vertreterinnen und Vertreter der ärztlichen Selbstverwaltung und der Verbände wurden gleich zu Beginn des Prozesses ausgeschlossen. Die fehlende Einbindung von Expertinnen und Experten mit umfassender Kenntnis der Versorgungsrealität haben wir als BDI wiederholt kritisiert. Darunter gelitten hat nicht nur das Ansehen und die Glaubwürdigkeit des Ministers, sondern auch die Qualität und Akzeptanz der Vorschläge.

Dominiert wird der Reformprozess aber von dem Konflikt zwischen Lauterbach und den Bundesländern. Dabei ist eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den föderalen Ebenen von entscheidender Bedeutung, um die Krankenhausstrukturreform erfolgreich umzusetzen. Stattdessen hat sich der notwendige Dialog in jüngster Zeit – auch bedingt durch zahlreiche Landtagswahlen – zu einem politischen Kräftemessen entwickelt, bei dem die Interessen der Patientinnen und Patienten sowie der Beschäftigten in den Kliniken regelmäßig ins Hintertreffen geraten.

Nachdem einige Bundesländer den Minister zunächst mit einem Rechtsgutachten über die Verteilung der Zuständigkeiten bei der Krankenhausplanung in die Schranken gewiesen hatten, wurde schnell deutlich, dass das ursprüngliche Reformkonzept keine Zustimmung finden wird. Trotzdem schienen die Bund-Länder-Gespräche zwischenzeitlich auf einem konstruktiven Weg: Die Level-Einteilung der Krankenhäuser wurde gestrichen, bei den Leistungsgruppen das Modell aus Nordrhein-Westfalen adaptiert und auch über die Höhe der Vorhaltekosten konnte man sich einigen. Soweit so gut.

Gleichzeitig hat der Minister sich mit seiner Kompromissbereitschaft in einem geschickten Zug ein separates Krankenhaustransparenzgesetz erkauft, mit dem die Level-Einteilung gesondert erfolgen soll. Offiziell ist das Gesetz darauf ausgerichtet, Patientinnen und Patienten die Möglichkeit zu geben, anhand der Einteilung von Kliniken und der Veröffentlichung von konkreten Leistungsdaten und Qualitätskennzahlen informierte Entscheidungen zu treffen, wo sie sich behandeln lassen wollen. Die Bundesländer wittern dahinter jedoch eine verstecke Krankenhausplanung des Bundes und rebellieren!

Um seine Verhandlungsposition zu verbessern, hat Lauterbach umfangreiche Bundesmittel für die Krankenhäuser sowie einen Transformationsfonds bis zum Greifen der Reform in Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro an das Transparenzgesetz geknüpft. Dabei handelt es sich zum Teil um Gelder, die den Kliniken aus der Erhöhung der Landesbasisfallwerte ohnehin zustehen. Durch die Überweisung in den Vermittlungsausschuss sind die Gelder erst einmal eingefroren. Dabei befinden sich viele Kliniken jetzt schon in einer finanziellen Schieflage. Wenn wir eine kalte Strukturbereinigung unserer Krankenhauslandschaft vermeiden wollen, können wir uns dieses lähmende Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern nicht leisten. Eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik sieht anders aus!

Es ist unbestritten, dass die Krankenhausstrukturreform eine komplexe Angelegenheit ist, die unterschiedliche Perspektiven und Interessen berücksichtigen muss. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass das Hauptziel dieser Reform die Verbesserung der Patientenversorgung und die Sicherstellung einer hochwertigen medizinischen Betreuung ist. Als BDI stehen wir für eine patientenorientierte Medizin und setzen uns für die Interessen unserer Mitglieder ein. Sowohl unsere Patientinnen und Patienten als auch die Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken benötigen eine klare Perspektive und Verlässlichkeit in Bezug auf ihre Gesundheitsversorgung, ihre Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen.

Es ist daher unerlässlich, dass die politischen Entscheidungsträger wieder zu einem konstruktiven Dialog zurückfinden und gemeinsam an Lösungen arbeiten, die die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellen.

Als Berufsverband werden wir weiterhin eine aktive Rolle in diesem Prozess einnehmen, unsere Erfahrungen und Expertise einbringen und uns für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Krankenhausstruktur einsetzen. Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht zum Spielball der Politik werden!

Ihre

Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin

Erschienen in BDIaktuell 12/2023 + 1/2024