Die geplante Krankenhausstrukturreform ist sicherlich eines der ambitioniertesten gesundheitspolitischen Reformprojekte seit Einführung des DRG-Systems vor zwanzig Jahren. Dass die praktische Umsetzung also nicht geräuschlos vonstatten gehen würde, dürfte allen Beteiligten und Beobachtern von Anfang an klar gewesen sein.
Bei vielen Akteuren hat der Entwurf der Regierungskommission nahezu reflexartig Widerspruch ausgelöst, was sicherlich auch an der Art und Weise liegt, wie das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Organisationen der Selbstverwaltung, die Verbände und die Länder in den Prozess eingebunden hat – oder eben nicht. Insbesondere die Bundesländer, die als Verantwortliche für die Krankenhausplanung und (fehlende) Finanzierung der Investitionskosten einen Großteil der Reformvorschläge umsetzen müssen, muss Karl Lauterbach von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der einzelnen Maßnahmen überzeugen, wenn er seine Reform umsetzen will. Um die Wogen zu glätten, hat der Bundesgesundheitsminister sich zu Beginn des Jahres deshalb mit seinen Kolleginnen und Kollegen in den Ländern darauf verständigt, dass das Reformpaket ein zustimmungspflichtiges Gesetz wird, über das am Ende auch der Bundesrat abstimmt. Wirklich beruhigt hat es die Gemüter jedoch nicht.
Nachdem der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek aus Protest gegen die Reform schon im Februar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gedroht hatte – die Landtagswahlen lassen grüßen –, haben die Gesundheitsministerien von Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bayern jüngst angekündigt, die Reformpläne des Bundes auch mit einem Gutachten auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Die Bundesregierung hält trotzdem weiter an ihrem straffen Zeitplan fest. Bis Sommer sollen die Eckpunkte stehen und bis Ende des Jahres ein fertiger Gesetzentwurf vorliegen.
So lange die Streitigkeiten rund um die Kompetenzverteilung und Kostenverantwortung nicht geklärt sind, fällt es jedoch schwer zu glauben, dass die Reform zügig umgesetzt werden kann. Dabei ist das Letzte, was die Kolleginnen und Kollegen in Kliniken jetzt gebrauchen können, ein Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern, das die Reform unnötig verschleppt. Dafür fehlt in Anbetracht der angespannten Lage in den Klinken schlichtweg die Zeit. Dass die Ärztinnen und Ärzte die Geduld mit der Politik verlieren, haben auch die Warnstreiks an den kommunalen Häusern in der vergangenen Woche noch einmal deutlich gemacht. Das soll nicht heißen, dass es keinen Nachbesserungsbedarf an den vorgestellten Plänen gibt: Das gilt für die Ausgestaltung und Höhe der Vorhaltekosten genauso wie für die Definition der Level und Leistungsgruppen. Wir müssen auch dringend über die Auswirkungen der Reform auf die ärztliche Weiterbildung reden. Eine inhaltliche Debatte, vor allem mit denjenigen, die die Reform umsetzen und im Versorgungsalltag mit Leben füllen müssen, ist zwingend notwendig.
Sinnvolle Ergebnisse im Sinne unserer Patientinnen und Patienten und zur Verbesserung der Arbeitssituation im stationären Sektor erreichen wir aber nicht über den Rechtsweg, sondern durch einen konstruktiven Dialog. Die Krankenhausreform darf nicht zum Spielball der Politik werden.
Ihre
Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin
Erschienen in BDIaktuell 04/2023