Vieles, was schon ausführlich diskutiert wurde und wir als BDI in unserer Position zur Notfallversorgung auch formuliert und gefordert haben, findet sich hier wieder. Ein zentrales Element ist die Ausweitung der Rufnummer 116 117 zur ersten Anlauf- und Leitstelle. Sie wird mit der Notrufnummer 112 zu einem Gesundheitsleitsystem verknüpft. Dahinter sollen zukünftig sowohl eine Akutleitstelle, die von der Kassenärztlichen Vereinigung betrieben wird, als auch eine Terminservicestelle stehen. In einem Ersteinschätzungsverfahren werden die Patientinnen und Patienten von dort im nächsten Schritt in die notwendige Versorgungsebene gesteuert. Das können Integrierte Notfallzentren (INZ) sein, die flächendeckend und an ausgewählten Krankenhäusern auf- und ausgebaut werden, wie es im Gesetzesentwurf heißt. Dort sollen diejenigen mit einer Überweisung von der Leitstelle bei gleicher Dringlichkeit bevorzugt behandelt werden. Im rund um die Uhr geöffneten INZ verbinden sich digital vernetzt eine Ersteinschätzung mit der dann notwendigen Zuweisung in die Notdienstpraxis, die vorrangig Zeiten außerhalb der regulären Sprechzeiten bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten abdeckt, oder die Notaufnahme.
Dass die INZ unter der fachlichen Leitung des Krankenhauses stehen sollen, ist kritisch zu betrachten, da dieses erfahrungsgemäß bisher zu mehr Krankenhauseinweisungen geführt hat.
Wir haben in unserer Position darüber hinaus zu bedenken gegeben, dass es vielerorts bereits eine bestehende Zusammenarbeit zwischen Portal- und Notfallpraxen und regionalen Kliniken gibt. Diese vorhandenen Strukturen sollten erhalten, ausgebaut und in ein zukunftsfähiges INZ-Konzept integriert werden. Denn es bedarf vor allem eines zielgerichteten Einsatzes der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Der konkrete Ausbau der 116 117 soll durch eine pauschale Vorhaltefinanzierung ermöglicht werden, geleistet von der GKV und den jeweiligen KVen.
Auch für die Notfallrettung und deren Kostenübernahme ist eine Klärung vorgesehen: Die Notfallrettung wird Teil der Sachleistungen der GKV, medizinische Leistungen wie die Versorgung vor Ort und während des Transports gelten als Teil der Krankenbehandlung. Durch bessere Finanzierung der Leistungen vor Ort sollen überflüssige Krankentransporte vermieden und bestehende Unklarheiten zwischen Rettungsdiensten und Krankenkassen geklärt werden.
Mit dem nun angestoßenen Gesetzgebungsverfahren ist der Reformvorschlag also auf die Zielgerade eingebogen. Wenn er da nicht aus der Spur gerät durch die einzelnen Ressorts, durch Änderungswünsche aus den Bundesländern und Einfluss nehmende Partikularinteressen, dann könnte das Gesetz Mitte des kommenden Jahres parlamentarisch beraten werden.
Aber das ist nur der erste gesetzgeberisch notwendige Schritt. Denn von der guten Absicht und reformierten Paragrafen zur spürbaren Verbesserung – bei Patientinnen und Patienten in gleicher Weise wie beim sie behandelnden medizinischen Personal – ist es noch ein langer Weg. Bis die vorgeschlagenen Steuerungswege von der Notrufnummer über das INZ bis zur Notaufnahme wirklich etabliert sind, wird Zeit vergehen. Dabei könnte diese Reform bei den Patientinnen und Patienten, wenn sie denn eine schnellere Versorgung an den für sie relevanten Ebenen erleben, die Akzeptanz und positive Wahrnehmung einer stärkeren Steuerung erhöhen.
Und wir sollten nicht vergessen, dass zwar viele Milliarden aus dem Sondervermögen in die Infrastruktur fließen sollen, in die medizinische Versorgung jedoch nur ein geringer Teil von 225 Millionen Euro für eine Anschubfinanzierung. Darum ist es nun an uns, nicht nur auf ein effizientes und zukunftsweisendes Gesetz zu drängen, sondern auch auf eine zügige Umsetzung.
Ihre
Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin
Erschienen in BDI aktuell 12/2025
