Vom 27. bis 30. Mai fand in Leipzig der 129. Deutschen Ärztetag statt. Großen Raum nahm dabei die Diskussion um den Einsatz von KI in der Medizin ein. Ihr Einsatz nimmt rasant zu und sie wird zweifellos unseren Beruf verändern. Nach einer differenzierten Diskussion hat sich der Ärztetag in einem Grundsatzbeschluss dafür ausgesprochen, sie verantwortungsvoll einzusetzen, auf den Datenschutz gerade im Vertrauensverhältnis von Arzt zu Patient höchsten Wert zu legen und auf Evidenz zu achten. Ein weiterer Aspekt, der allen sehr am Herzen liegt, ist die signifikante Stärkung der Gesundheitsprävention, um gerade Kinder in Zukunft besser zu schützen.
Vor Ort konnten wir dann einen doppelten Neustart erleben: Zum einen den ersten persönlichen Auftritt der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken vor der deutschen Ärzteschaft. Sie bekräftigte ihre Hoffnung auf eine gute Kommunikation, denn die anstehenden Themen und Herausforderungen können nur gemeinsam angegangen werden. Dafür brauche es „Mut und Zuversicht“. Und sie reichte uns zumindest verbal die Hand, denn sie wisse, dass es ohne uns als umsetzende Ärztinnen und Ärzte nicht gehe und sie deshalb auf uns baue. Eine Offenheit und eine Einladung zum Dialog, die wir sehr gerne annehmen.
Dankbar war die Ministerin für das im Vorfeld von der Bundesärztekammer erarbeitete Konzeptpapier zum Primärarztmodell, ihrem wichtigsten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Denn im Austausch über die konkrete Umsetzung, gerade in der Verbindung aus der Einführung einer Patientensteuerung über den Hausarzt und einer damit einhergehenden Termingarantie bei der Überweisung zur fachärztlichen Behandlung, sind noch viele Fragen unbeantwortet und bedürfen einer praxisorientierten Ausgestaltung.
Der zweite Neustart hat ebenfalls mit unserer Gesundheitsministerin zu tun: Der Ärztetag hat schlussendlich mit großer Mehrheit der Reform der GOÄ zugestimmt. Seit 1996 ist die jetzige GOÄ nicht grundlegend verändert worden und bildet damit nicht den zwischenzeitlichen medizinischen Fortschritt ab. An der Erstellung des neuen Leistungsverzeichnisses haben wir als BDI engagiert mitgearbeitet: Die deutliche Kritik an dem ersten, von Bundesärztekammer, der PKV und den Beihilfestellen erarbeiteten Entwurf der Preisgestaltung führte zu einem Clearingverfahren. In den Gesprächen mit den Berufsverbänden wurden an vielen Stellen Korrekturen und eine andere Preisgestaltung gefordert, die sich teilweise in der zur Abstimmung vorgelegten Version wiederfinden. Nichts desto trotz bleibt die jetzt verabschiedete GOÄneu ein Kompromiss, mit dem nicht alle Ärztinnen und Ärzte gleichermaßen zufrieden sein können.
Aber uns ist wichtig zu betonen, dass wir jetzt eine gemeinsame Grundlage verabschiedet haben, auf der wir aufbauen können. Die GOÄneu ist nicht als starres, unbewegliches Gebilde konzipiert, was jetzt unverändert für die nächsten 30 Jahre gelten soll. Selbst während der nächsten Schritte, bis die GOÄ als Rechtsverordnung gilt, geht unsere Arbeit unverändert weiter. Dort, wo wir Korrekturbedarf haben, werden wir ihn weiterhin anmelden und auf Verbesserungen drängen.
Denn so sinnvoll wir die Stärkung der sprechenden Medizin sehen, so kritisch sehen wir die Abwertung einzelner technischer Leistungen. Wir brauchen eine ausgewogene Bewertung aller medizinischen Leistungen, die wir im Sinne des Patienten und der gesundheitlichen Erfordernisse erbringen. Zudem müssen Anpassungen an den medizinischen Fortschritt und die Kostenentwicklung in Praxen und Krankenhäusern zeitnah möglich sein.
So gesehen erhoffen wir uns mit einem raschen Inkrafttreten den Start in eine dynamisch bleibende Gebührenordnung, die sich schnell auf den medizinischen Fortschritt einstellen kann. Und in der wir aus internistischer Perspektive den Veränderungsbedarf ebenso schnell einbringen können.
Ihre
Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin
Erschienen in BDI aktuell 6/2025