Die Krankenhäuser in Deutschland stehen vor nie da gewesenen Herausforderungen. Nach drei Jahren der Corona-Pandemie stehen mit der Energiekrise und einer ernsten wirtschaftlichen Rezession die nächsten Probleme vor der Tür. Bevor überhaupt strukturelle Fragen angegangen werden können, bedarf es darum schnellstmöglich einer Unterstützung in der aktuellen Inflations- und Energiekrise. Eine kalte Strukturreform durch Insolvenzen kann keine Lösung sein, denn eine solche schafft keine tragfähigen Strukturen für die kommenden Jahrzehnte.
Nahezu alle Experten und Gesundheitspolitiker aller Parteien sind sich einig, dass in Deutschland unabhängig davon eine grundlegende Krankenhausstrukturreform notwendig sein wird. Dänemark hat eine solche Reform bereits hinter sich gebracht und seine stationäre Versorgung von vormals 50 Kliniken auf sieben hochmoderne „Super-Hospitals“ umgestellt – ohne dass es dabei zu Versorgungsengpässen oder Qualitätseinbußen gekommen wäre. Hieraus gilt es auch bei uns zu lernen. Dazu müssen endlich alle Beteiligten von Bund und Land sowie aus der Selbstverwaltung zusammen an einen Tisch gebracht und politische Entscheidungen gefällt werden.
Immer neue Expertengespräche und -kommissionen hingegen, wie zuletzt durch die Bundesregierung eingesetzt, verschieben die konkreten, schweren Entscheidungen lediglich in die Zukunft, lösen sie aber nicht. Auch in Zukunft muss eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung mit Krankenhäusern sichergestellt sein. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass jedes Krankenhaus alle Leistungen gleichermaßen erbringen kann oder soll. Wir müssen vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels den Mut haben, zu differenzieren, wo spezialisierte Leistungen erbracht werden sollen und wo ein Basisangebot an Grundleistungen, gut erreichbar, ausreicht. Das gilt für die allgemeine Krankenhaus- wie auch für die Notfallversorgung. Ergänzend muss auch die Erfolgsgeschichte der Telemedizin zwischen den Häusern der Spezial- und Grundversorgung und zwischen Praxen und etwa Hochschulambulanzen mit Entschlossenheit fortgeschrieben werden. An Schnittstellen wie diesen könnten gerade die Internistinnen und Internisten, ob in hausärztlicher oder fachärztlicher Versorgung, sektorenübergreifend eine wichtige Funktion einnehmen.
Hinter einer solchen neuen Arbeitsteilung muss zweifelsfrei auch der Leitgedanke stehen, die bereits gute Qualität in der medizinischen Versorgung weiter zu verbessern. Das gelingt in einigen Bereichen bereits mit Mindestmengen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat hier in der Vergangenheit viel Erfahrung aufgebaut, daher sollten wir ihm zukünftig auch mehr Planungs- und Umsetzungsverantwortung übertragen. Der G-BA bringt die zentralen Akteure des Systems in der Selbstverwaltung zusammen und könnte eine Umsetzung der Strukturreform aus einer Gesamtperspektive heraus vorantreiben. In diesem Zusammenhang müssen wir auch die im internationalen Vergleich in Deutschland bisher noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten für ambulante Operationen und Diagnostik viel besser nutzen. Auch hier liegen erste Konzepte, beispielsweise zu Hybrid-DRG, bereits vor. Wir werden sie in den kommenden Jahren in die Versorgung überführen müssen.
Die Wandlung der Krankenhauslandschaft können und sollten wir vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels auch als Chance sehen. Jede einzelne Klinikschließung wird vor Ort zunächst eine schmerzliche Entscheidung sein. Dennoch: Wenn Kliniken schließen müssen, heißt dies nicht, dass die Versorgung verloren geht. Vielmehr können in interdisziplinäre ambulante Strukturen und Pflegeeinrichtungen umgewandelte Einheiten in der Fläche die Versorgung weiterentwickeln. Ich bin überzeugt: Den Internistinnen und Internisten wird bei dieser Neujustierung der Arbeitsteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor eine zentrale Rolle zuteil kommen.
Ein Gastbeitrag von Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, für BDI aktuell 11/2022