Der 128. Deutsche Ärztetag in Mainz hat erneut gezeigt, dass gemeinsames Engagement wichtig für die Zukunft der ärztlichen Versorgung in Deutschland ist. Die erste Maiwoche war geprägt von intensiven Plenardebatten, wegweisenden Beschlüssen und leidenschaftlichen Protesten. Lassen Sie uns gemeinsam einen Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse und Ergebnisse dieses bedeutenden Treffens werfen.
Einer der zentralen Momente war gleich zu Beginn die Verabschiedung der Resolution „Nie wieder ist jetzt!“, mit der der Ärztetag klar Position zu der zentralen Bedeutung von Demokratie, Pluralismus und Menschenrechten für den ärztlichen Beruf bezogen hat. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Spannungen und politische Extreme zunehmen, haben wir als Ärzteschaft ein klares Zeichen gesetzt. Unsere Arbeit basiert auf dem Genfer Gelöbnis und damit auf den Prinzipien der Menschlichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität. Diese Werte müssen geschützt und gefördert werden. Der Ärztetag hat eindrucksvoll betont, dass eine pluralistische und demokratische Gesellschaft die Grundlage für eine hochwertige medizinische Versorgung ist.
Deutlich Stellung haben wir auch zur aktuellen Gesundheitspolitik bezogen – nicht nur im Plenum, sondern auch lautstark vor der Kongresshalle. Der BDI hatte für den Eröffnungstag gemeinsam mit anderen Verbänden zur Protestaktion „Versorgung bedroht – Patienten in Not“ aufgerufen. Trotz strömenden Regens versammelten sich rund 200 Kolleginnen und Kollegen vor der Rheingoldhalle, um auf die schwierige Situation in der ambulanten und stationären Versorgung aufmerksam zu machen. Mit Trillerpfeifen und Transparenten haben wir lautstark gefordert, dass die Gesundheitsversorgung dringend reformiert werden muss – und zwar mit und nicht gegen uns!
Besonders beeindruckend war die Rede unseres Vizepräsidenten Dr. Norbert Smetak, der eindringlich vor den Folgen einer unzureichenden Finanzierung, der Bürokratie und einer zunehmenden Verstaatlichung des Systems gewarnt hat.
In der Plenardebatte konnten wir wichtige BDI-Anträge mit großer Mehrheit erfolgreich einbringen: zum Schutz und zur Förderung der Freiberuflichkeit und der komplementären Facharztschiene sowie eine klare Absage an die staatliche Einflussnahme auf die Zulassungsausschüsse.
Ein zentrales Thema des Ärztetags war auch die Diskussion über die Zukunft der ärztlichen Weiterbildung – die in den aktualisierten Gesetzentwürfen zur Krankenhausreform weiterhin keine Rolle spielt. Mit der zunehmenden Verlagerung von Leistungen vom stationären in den ambulanten Bereich steigt der Bedarf nach ambulanten Weiterbildungsmöglichkeiten. Dafür ist eine gesicherte Finanzierung notwendig, die nicht nur die Gehälter der Weiterzubildenden, sondern auch die zusätzlichen Kosten deckt. Um dieser Herausforderung ambulant wie stationär gerecht zu werden, arbeiten wir an der Entwicklung einer sektorenunabhängigen Weiterbildungspauschale, die den Zeitaufwand und die Ressourcen für eine qualitativ hochwertige Weiterbildung sicherstellt. Das wäre ein wichtiger Schritt, um die Attraktivität des Arztberufs zu erhalten und den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Bei allem Reformdrang ging dem Ärztetag dann in der eigenen Strukturdebatte zur Satzungsänderung die Puste aus. Emotional wurde vor allem über die Einführung einer Antragsfrist diskutiert. Der Vorstand hatte vorgeschlagen, mit einer Antragsfrist die Abläufe auf dem Deutschen Ärztetag effizienter zu gestalten. Die Mehrheit der Delegierten lehnte den Vorschlag jedoch eindeutig ab. Damit bleibt alles beim Alten, sodass am Freitag aus Zeitgründen einmal wieder zahlreiche Anträge an den Vorstand überwiesen werden mussten.
Aus BDI-Sicht war es dennoch ein erfolgreicher Ärztetag. Mein herzlicher Dank geht an alle Beteiligten, insbesondere unsere internistischen Abgeordneten. Wir freuen uns auf Leipzig 2025!
Ihre
Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin
Erschienen in BDIaktuell 6/2024