Berufspolitik
Nr. 11 • November 2013
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Facharzt, müsse aber länger arbeiten,
statt 40 Stunden beispielsweise 48
Stunden.
Dr. Branko Trebar von der KBV gab zu,
dass niedergelassene Kollegen derzeit
auf den Weiterbildungskosten sitzen
bleiben, mit Ausnahme der Allge-
meinmediziner. Da die Weiterbildung
aber eine gesamtgesellschaftliche Auf-
gabe sei, müsse für deren Finanzie-
rung eine sozialrechtliche Lösung
gefunden werden oder ein Fonds aus
Steuermitteln.
Die Krankenkassen sehen die Weiter-
bildung nicht als ihre Aufgabe an, und
deswegen auch nicht deren Finanzie-
rung. Den Krankenhäusern, erklärte
der Hauptgeschäftsführer der DKG,
Georg Baum, entstehen durch die
Weiterbildung add-on-Kosten, die in
der Preiskalkulation der DRG nicht
enthalten sind. Man sollte also diese
add-on-Kosten kalkulieren und auf
die DRG aufschlagen. Das Geld sollten
die Kliniken bekommen, die Weiter-
bildung machen. Bei der Weiterbil-
dung in der Inneren Medizin habe
man den Vorteil, von der Weiterbil-
dung in Allgemeinmedizin zu profi-
tieren und für jeden Assistenten aus
dem Förderprogramm 1020 € zu
erhalten. Das könnte man auf die
Weiterbildung insgesamt ausdehnen.
Am Schluss zeigte sich, so fasste Spies
die Diskussion zusammen, dass sich
alle darin einig waren, das Geld woan-
ders herzuholen als bei sich selbst.
Kommt nun die Bürgerversicherung?
Kommt die Ein-Klassen-Medizin
durch die Bürgerversicherung? Dass
das Thema im Wahlkampf keine
große Rolle gespielt hat, liegt nach
Ansicht von BDI-Vizepräsident Spies
wohl daran, dass die Zweifel an der
Machbarkeit der Bürgerversicherung
gewachsen sind. Aber das Thema
werde uns sicher noch einholen.
Wenn jetzt die Koalitionsgespräche
der Union mit SPD und Grünen statt-
finden, dürfte Kanzlerin Angela Mer-
kel das Feld der Sozialpolitik wohl
dem Koalitionspartner überlassen.
„Dann ist das Thema wieder da.“
Die Vorstellung, wir würden nach der
Wahl in ein anderes System, in eine
andere Richtung fahren, nannte Franz
Knieps, seit kurzem Vorstand des
BKK-Bundesverbands, absurd. Wir
haben zwei Gesetzgebungsorgane,
den Bundestag und den Bundesrat. Im
Bundesrat und im Vermittlungsaus-
schuss besteht eine Rot-Grün-Mehr-
heit. Dies zwingt zu einer Zusammen-
arbeit über alle Parteien hinweg. Grö-
ßere Änderungen wären nur möglich,
wenn eine Akzeptanz bei den Betei-
ligten vorhanden ist. In dieser Legisla-
turperiode werde es wohl gewisse
Weichenstellungen geben, aber man
werde keine Ziele umsetzen.
Dr. Timm Genett, Leiter der Abteilung
Politik des PKV-Verbandes, glaubt,
genug Gelegenheit zu bekommen, die
Stärken der privaten Krankenversiche-
rung auszubauen und an den Schwä-
chen zu arbeiten. Die klassische Dis-
kussion um das System stehe jetzt
nicht an. Die Bürgerversicherung
stehe zwar im Wahlprogramm von
drei Parteien, aber damit noch lange
nicht auf der Agenda.
Die Aufnahme der PKV in den GKV-
Spitzenverband bringe überhaupt kei-
nen Vorteil. „Wir wollen nicht GKVi-
sieren, sondern selbständig bleiben.“
Die von den Ärzten so sehr geschätzte
Freiberuflichkeit sei nur mit einer pri-
vaten Gebührenordnung zu sichern.
Eine Annäherung der PKV an die GKV,
die manche Kritiker durchaus sehen,
könne er nicht erkennen, meinte
Genett.
Knieps dagegen glaubt, dass die schö-
ne heile Welt der PKV nicht so heil
bleiben wird. Das gelte allerdings
auch für die GKV. Die Herausforde-
rungen würden die Politik unter
Handlungsdruck setzen. Deswegen
werde es Anpassungsregelungen
geben, die auf eine Konvergenz hin-
laufen.
Prof. Hans-Peter Bruch, Präsident des
Berufsverbands der Chirurgen, geht
davon aus, dass es künftig zu einem
Grundleistungskatalog für alle kom-
men wird, für kleines Aufgeld einen
Zusatzschutz und für Extras wird es
noch etwas teurer werden. Aber wer
entscheidet, was Grundleistungen
sind, fragte Spies in die Runde. Im
ambulanten Bereich gebe es den
Erlaubnisvorbehalt und deshalb schon
seit Jahren keine Innovationen. Hier
ist also der Ist-Stand festgeschrieben
worden, ohne dass es darüber eine
Diskussion gegeben hätte. Seiner
Ansicht nach sollten die Kostenträger
darüber entscheiden und die Ärzte
könnten beratend mitwirken.
Für die Politik sei es bequem, meinte
BDI-Präsident Wesiack, auf der einen
Seite einen unlimitierten Leistungska-
talog zu haben und auf der anderen
Seite eine budgetierte Vergütung. Die
Auseinandersetzung werde dann auf
dem Rücken der Ärzte ausgetragen,
die den Patienten helfen wollen.
Die Politik sollte den Wettbewerb
unter den Krankenkassen zulassen
und ihnen erlauben, zusätzliche
Wahlleistungen zu ermöglichen. Dazu
habe die neue Regierung jetzt die
beste Möglichkeit. „Die Patienten wol-
len nicht das Ausreichende und Not-
wendige, sondern das Beste.“
KS