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Juli 2014
BDI aktuell
117. Deutscher Ärztetag
Seinen ersten Auftritt auf einem Deut-
schen Ärztetag absolvierte der neue
Gesundheitsminister Hermann Gröhe
(CDU) zur Eröffnung des diesjährigen
Ärztetags am 26. Mai in der Düssel-
dorfer Tonhalle. Professor Frank Ul-
rich Montgomery, Präsident der Bun-
desärztekammer (BÄK), begrüßte ihn
zwar freundlich, ging dann aber un-
missverständlich auf strittige Fragen
aus dem Koalitionsvertrag ein.
Da ist zunächst das geplante Quali-
tätsinstitut. Der GBA-Vorsitzende Jo-
sef Hecken hat bereits gefordert, diese
Stelle unter die Aufsicht des Gemein-
samen Bundesausschusses (GBA) zu
stellen. Montgomerys Ansage an Grö-
he: „Genau so etwas brauchen wir
nicht.“ Die Ärzte wollen keine Behör-
de, die Qualität verwaltet. „Wir wollen
Unterstützung dabei, Qualität zu pro-
duzieren und zu verbessern.“ Die Mit-
arbeiter des Gesundheitswesens er-
zeugten Qualität bei der Behandlung
von Patienten, Behörden und Kran-
kenkassen verwalteten sie nur.
Ärzte in Institut einbeziehen
Der BÄK-Präsident forderte, dass der
ärztliche Sachverstand in dieser Be-
hörde führend verankert werden soll.
In den wissenschaftlichen Gremien
und den Beiräten müsse eine klare,
den Regeln des ärztlichen Berufsrechts
verpflichtete Mehrheit der ärztlichen,
zahnärztlichen und psychotherapeuti-
schen Fachleute gewährleistet sein.
„Alles andere wäre wie ein Orchester
ohne Musiker.“ Gröhes Antwort war
wenig zufriedenstellend: Die Ärzte sol-
len sich und ihren Sachverstand bei
der Arbeit des Qualitätsinstituts ein-
bringen können.
Ärgernis Termingarantie von vier
Wochen: Montgomery stellte klar,
dass über 75 Prozent der Patienten gar
nicht warten müssen oder innerhalb
einer Woche einen Konsiliartermin bei
einem Facharzt bekommen, wenn eine
Ärztin oder ein Arzt sie gesehen und
die Notwendigkeit einer Facharzt-
Konsultation festgestellt hat. Wartezei-
ten bestünden lediglich, wenn Patien-
ten selbst einen Facharzttermin bei ei-
nem Facharzt ihrer Wahl suchen.
Die Tatsache, dass Privatpatienten
hier schneller zu einem Termin kom-
men, werde sofort als Beleg für eine
angeblich qualitätsmindernde Zwei-
Klassen-Medizin genommen. Wenn
die Funktionäre der gesetzlichen
Krankenversicherung das beklagten,
wisse er eine schnell wirksame und ef-
fiziente Therapie: „Vergüten, leisten
und regeln Sie wie die PKV. Dann be-
kommen Ihre Patienten genau so
schnell einen Termin.“ Es gehe aber
nicht, an Patienten ein ungemindertes
globales Leistungsversprechen abzuge-
ben und dann von den Ärzten, unter
gedeckelten Budgets, Sparvorgaben,
strengen Wirtschaftlichkeitsprüfungen
und Regressen die Einlösung ihrer un-
gedeckten Schecks zu verlangen. Der
Minister enthielt sich in seiner Rede
diesbezüglich eines Kommentars.
Montgomery machte sich dafür
stark, das deutsche Fallpauschalensys-
tems nur dort einzusetzen, wo es Sinn
macht, und nicht dort, wo seine öko-
nomischen Anreize in die Irre führen.
Zweitmeinung auch vergüten
Er bezeichnete es als richtig, dass
künftig bei elektiven Eingriffen eine
Zweitmeinung eingeholt werden soll.
Das forderten Ärzte seit Jahren unter
der Bedingung, dass dies auch vergü-
tet wird. Er bezweifelte aber, ob eine
zwingend vorgeschriebene Zehn-Ta-
ges-Frist zwischen Aufklärung und
Eingriff wirklich sinnvoll ist. Hier
scheine mal wieder die alte, überwun-
den geglaubte „Misstrauenskultur“
vergangener Zeiten durch.
Beim Deutschen Ärztetag
hat Ärzte-Chef Montgomery
die Positionen abgesteckt:
Die Ärzte wollen beim Qua-
litätsinstitut mitreden, eine
GOÄ-Reform abschließen
und wehren sich gegen
Kontrollen des MDK in
Kliniken. Das meiste ließ
Gesundheitsminister Gröhe
aber unkommentiert.
Von Klaus Schmidt
Beim Deutschen Ärztetag in Düsseldorf vermied Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe schwierige Themen.
© JOCHEN ROLFES
Vertrautes Gespräch: BDI-Präsident Dr. Wolfgang Wesiack (r.) mit Professor Frank
Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, in Düsseldorf.
© BDI E.V.
Der BDI möchte der Prävention ein
größeres Gewicht geben und die
Ärzte stärker daran beteiligen. „Prä-
vention ist keine Kostendämp-
fung,“ sagt BDI-Präsident Dr.
Wolfgang Wesiack, „sondern führt
zu einer höheren Versorgungsquali-
tät mit Lebensverlängerung und
Verbesserung der Lebensqualität.“
Screeningverfahren sollten aus
Sicht des BDI der Internisten nur
eingeführt werden, wenn sie unge-
fährlich sind und nur wenig falsch-
positive und falsch-negative Unter-
suchungsergebnisse zeigen. An-
dernfalls werden Gesunde zu Kran-
ken gemacht und Kranke nicht er-
kannt. Typische Beispiele hierfür
sind Biomarker oder das Mamma-
Screening und der PSA-Test zum
Prostata-Screening. Selbst so große
Programme wie das DMP-Diabetes
sind nur sehr schwer zu bewerten.
Um eine wirksame Prävention zu
fördern, schlägt der BDI Gesund-
heitserziehung als Schulfach vor,
fordert eine langfristige Evaluation
von Präventionsleistungen mit har-
ten Endpunkt-Kriterien und spricht
sich gegen ein planloses Screening
aus. Stattdessen sollten Risikogrup-
pen identifiziert und behandelt wer-
den. So können Aufwand und Nut-
zen in ein vernünftiges Verhältnis
gebracht werden. Die Versorgungs-
forschung soll sich intensiver um
die Prävention kümmern.
BDI spricht sich
für mehr
Prävention aus
BDI-PRESSEMITTEILUNG
Wir stellen einen Beschluss des
Deutschen Ärztetages zur Verfü-
gung: Es geht um das so wichtige
Thema ambulante Weiterbildung
und deren Finanzierung. Fazit: Von
einem Deutschen Ärztetag erwartet
man konkrete Vorschläge dazu. Es
gibt bei der Meinungsbildung
Kompromisse beim Deutschen Ärz-
tetag, die man besser nicht abge-
stimmt hätte!
Entschließung im Wortlaut
Die ärztliche Weiterbildung stellt
sich als eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe dar, deren Finanzierung
nicht zu Belastungen der Ärztege-
neration und ärztlichen Organisati-
onen führen darf, die derzeit die
Versorgung ambulant wie stationär
sicherstellen. Der Deutsche Ärzte-
tag fordert die Bundesregierung
auf, eine verbindliche Regelung
herbeizuführen, die die Selbstver-
waltung in die Lage versetzt, zu ei-
ner stabilen Finanzierung der ärztli-
chen Weiterbildung zu kommen.
Der Ärztetag appelliert an den
Gesetzgeber, die für die Versorgung
der Bevölkerung erforderliche, qua-
litativ hochwertige Weiterbildung
durch einen Systemzuschlag auf die
im ambulanten wie stationären Be-
reich abgerechneten Fälle zu si-
chern. Die Verteilung dieser Gelder
steht in der gemeinsamen Verant-
wortung der ärztlichen Organisatio-
nen und der Kostenträger. Hierzu
sind Modelle zu entwickeln.
Ohne Worte
DER CHEFREDAKTEUR MEINT
Schreiben Sie dem Autor unter:
Von Dr. Hans-Friedrich
Spies
Der Ärztetag fordert, die Kommunika-
tionskompetenz in der ärztlichen Aus-,
Weiter- und Fortbildung zu stärken.
Mit Verweis auf die zunehmende Zahl
ausländischer Ärzte sprachen sich die
Delegierten für eine Stärkung der
sprachlichen und interkulturellen
Kompetenz aus. Die Überprüfung der
fachsprachlichen Kompetenz soll bun-
desweit nur in die Zuständigkeit der
Landesärztekammern gelegt werden.
Zudem kritisierte das Ärzteparlament,
dass Ärzte, die sich Zeit für das Ge-
spräch mit ihren Patienten nehmen, fi-
nanziell benachteiligt werden. Die Ver-
gütungssysteme in Klinik und Praxis
müssten hinterfragt werden.
(KS)
Ausländische Ärzte in
Kommunikation schulen
BESCHLÜSSE IM ÜBERBLICK
Die Delegierten des Deutschen Ärzte-
tages haben erneut eine umfangreiche
Reform des DRG-Fallpauschalensys-
tems angemahnt.
Notwendig seien eine Abkehr von
der Systematik eines reinen Preissys-
tems sowie auskömmliche Landesba-
sisfallwerte. Das Vergütungssystem
müsse sich an den individuellen Pati-
entenbedürfnissen orientieren.
Außerdem empfahl der Deutsche
Ärztetag die Prüfung einer zusätzli-
chen Finanzierungssäule zur Refinan-
zierung nicht leistungsbezogener Kos-
tenanteile, zum Beispiel Vorhaltekos-
ten zur Sicherstellung der Versorgung.
(KS)
Ärztetag fordert Reform
des DRG-Systems
Der 117. Deutsche Ärztetag hat die
Bundesregierung aufgefordert, die
Stellung des Arztes in der Prävention
zu stärken.
Prävention sei ein integraler Be-
standteil der ärztlichen Tätigkeit. Ne-
ben der Förderung der Verhaltensprä-
vention und einer besseren Verzah-
nung der Präventionsmaßnahmen
sprachen sich die Delegierten für den
Ausbau der Früherkennungsuntersu-
chungen bei Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen aus.
Außerdem solle eine ärztliche Bera-
tung im Hinblick auf Risiko- und Be-
lastungsfaktoren zum festen Bestand-
teil der Untersuchungen werden.
(KS)
Ärzte wollen zentrale
Rolle bei Prävention
Um die Schmerzmedizin zu stärken,
forderte der Ärztetag einen niedrig-
schwelligen, vom Hausarzt koordinier-
ten Zugang zu allen schmerzmedizini-
schen Versorgungsebenen. Von zentra-
ler Bedeutung sei eine strukturierte
Patientenführung mit enger Verzah-
nung zwischen ambulanter und statio-
närer Versorgung. Dazu müssten flä-
chendeckende regionale Netzwerke
gebildet und integrierte Versorgungs-
programme umgesetzt werden, heißt
es. Um die Erreichbarkeit der
schmerztherapeutischen Einrichtun-
gen sicherzustellen, seien diese in der
vertragsärztlichen Bedarfsplanung zu
berücksichtigen.
(KS)
Schmerzmedizin braucht
koordinierten Zugang
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