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Unser Gesundheitsminister Her-
mann Gröhe hält sich strikt an ei-
nen Leitfaden – gemeint ist der Ko-
alitionsvertrag zwischen CDU/CSU
und SPD, die er unaufgeregt und
konsequent abarbeitet. So hat er die
Finanzierung der gesetzlichen Kas-
sen neu geregelt und ist insbeson-
dere bei der Pflege aktiv geworden.
Für die Vertragsärzte wird eine
Regelung bei Facharztterminen er-
wartet, die Politik, Körperschaft
und Ärzte sehr kontrovers diskutie-
ren. Die Position des BDI ist hier
eindeutig: keine neue gesetzliche
Vorgabe, ohne dass die Ursache be-
hoben wird – etwa die Honorarbe-
grenzung der fachärztlichen Vergü-
tung! Hier beruft sich der Minister
auf das bewährte Prinzip Sicherstel-
lungsauftrag, an den er die Selbst-
verwaltung erinnert. Hoffentlich ist
die Kassenärztliche Vereinigung an
diesem Punkt nicht überfordert.
Noch komplexer ist die Vorgabe
der Koalition, für eine „Parität“ von
Haus- und Fachärzten in den Ver-
treterversammlungen zu sorgen.
Dies ist schon deshalb nicht ein-
fach, gibt es doch auch noch Psy-
chotherapeuten in der KV, deren
Versorgungsinhalt und deren Fi-
nanzierung von Anfang an bei den
Fachärzten falsch platziert war.
Vielleicht lohnt sich ein Blick ins
Gesetz, das SGB V, und in den Be-
schluss des Bundessozialgerichts
zur Aufgabe von Vertreterversamm-
lungen. Zuständig für das tägliche
Geschäft, dazu gehört auch der Ab-
schluss von Honorarverträgen, ist
der hauptamtliche Vorstand und
nicht die Vertreterversammlung.
Genau genommen ist diese nur eine
Art Aufsichtsrat mit Befugnissen
bei der Vorstandswahl und beim
Haushalt. Denkt man diese gesetzli-
che Vorgabe zu Ende, haben haupt-
amtliche Vorstände in einer KBV-
Vertreterversammlung keinen Platz.
Das Ministerium sollte darüber
nachdenken, die Vertreterversamm-
lung nur mit Ehrenämtlern zu be-
setzen und der KBV vorzuschrei-
ben, dass die Satzung für alle Ver-
sorgungsebenen einen Minderhei-
tenschutz sichert. Ob das Ministeri-
um einem solchen Vorschlag gegen-
über offen ist, wird sich zeigen.
Wahrscheinlich hofft man aber,
dass die KBV das Problem in ihrem
Satzungsausschuss selbst lösen wird
– die Hoffnung kann trügen.
Hoffen auf die
Selbstverwaltung
DER CHEFREDAKTEUR MEINT
Schreiben Sie dem Autor unter:
Von Dr. Hans-Friedrich
Spies
Der morbiditätsorientierte Risiko-
strukturausgleich (Morbi-RSA) ist
rechtmäßig, hat das Bundessozialge-
richt (BSG) entschieden. Die Techni-
ker Krankenkasse hat gegen die Um-
setzung des Morbi-RSA für die Jahre
2011 und 2012 Widerspruch einge-
legt, der jetzt endgültig vom BSG ab-
gelehnt wurde. Bundesversicherungs-
amt und Bundesgesundheitsministeri-
um sind glücklich über diesen Spruch,
denn die Geldverteilung nach dem
Morbi-RSA in diesen beiden Jahren
muss nicht wieder aufgeschnürt wer-
den. Es bleibt alles beim Alten.
Damit ist der Streit über die Um-
setzung des morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleichs wohl weitge-
hend beendet. Zur Erinnerung: Früher
hatten die Kassen unterschiedliche
Beiträge, die sie selbst festsetzen konn-
ten. Dies hatte zur Folge, dass die
Kassen mit einem hohen und andere
mit einem niedrigen Beitragssatz Ver-
sicherte werben mussten. Dieser Wett-
bewerb um Beiträge war besonders lu-
krativ für junge und gesunde Versi-
cherte, sodass bei den Kassen immer
mehr eine Risikoselektion sichtbar
wurde.
Für ein solidarisches Krankenversi-
cherungssystem war das Gift. Insbe-
sondere neu gegründete Betriebskran-
kenkassen versuchten finanzkräftiges,
gesundes Klientel zu rekrutieren. Aber
auch Versorgerkassen bemerkten, dass
es finanziell nicht lukrativ ist, wenn
man besonders viele Diabetiker be-
handelt.
Der Risikostrukturausgleich, der die
Morbidität des versicherten Klientels
einer Kasse berücksichtigt, ist deshalb
grundsätzlich richtig. Ob seine Umset-
zung den Vorgaben und der medizini-
schen Realität Rechnung trägt, ist aber
eine andere Frage. Zumindest ist vom
BSG die Umsetzung auch verwal-
tungstechnisch akzeptiert worden. Die
gesetzlichen Kassen können in
Deutschland mit dieser Vorgabe auf
die Dauer leben. Bundesgesundheits-
minister Hermann Gröhe (CDU) hat
aber mit seiner letzten Kassenreform
zu dieser sachlich sinnvollen Gleich-
macherei noch eins draufgesetzt: Auch
die unterschiedlichen Einnahmen der
Kassen aufgrund unterschiedlicher
Einkommensstrukturen der Versicher-
ten werden über den Gesundheits-
fonds künftig ausgeglichen. So gut der
ordnungspolitische Ansatz eines Risi-
kostrukturausgleichs auch ist, so kri-
tisch muss man den Einkommensaus-
gleich sehen.
Der morbiditätsorientierte
Risikostrukturausgleich der
Kassen verstößt nicht gegen
die Verfassung, urteilte
das Bundessozialgericht.
Morbi-RSA ist nicht neu zu berechnen
Von Dr. Hans-Friedrich Spies
Berufspolitik
BDI aktuell
Juli 2014
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