Ab 1. Juli 2016 sind Transkatheter
AortenklappenImplantationen (TA
VI) in Deutschland nur noch an Zent
ren erlaubt, die neben einer kardiolo
gischen auch eine bettenführende
herzchirurgische Abteilung vorweisen
können. So sieht es eine Vorschrift des
Gemeinsamen Bundesausschusses
(GBA) vor. Auch in den 2012 veröf
fentlichten ESCLeitlinien zum The
ma Herzklappenerkrankungen wird im
Fall von TAVIProzeduren das Vor
handensein beider Abteilungen im sel
ben Haus gefordert. Damit soll sicher
gestellt werden, dass sich vor Ort ein
multidisziplinäres Herzteam konsti
tuiert.
Die Deutsche Gesellschaft für Kar
diologie (DGK) ist allerdings der Mei
nung, dass diese Vorgaben an
TAVIZentren ohne herzchirurgische
Abteilung auch durch Kooperation
mit einer externen Herzchirurgie zu
erfüllen sind. An einigen TAVIZen
tren in Deutschland waren solche Ko
operationen bislang übliche Praxis.
Daten von knapp 18 000 Patienten
Seit Veröffentlichung der Leitlinien
sind in vielen Studien und Registern
stetige Verbesserungen der klinischen
Leistungsfähigkeit und eine zuneh
mende Sicherheit von TAVIBehand
lungen dokumentiert worden. Die
DGK hält es deshalb für ratsam, die
GBAVorgaben der aktuellen Studien
lage anzupassen und auf das verpflich
tende Vorhandensein einer Herzchi
rurgie an TAVIZentren zu verzichten.
Argumentative Schützenhilfe erhal
ten Kardiologen dabei durch neue
Studienergebnisse, die Professor Hol
ger Eggebrecht aus Frankfurt beim
Kongress EuroPCR in Paris vorgestellt
hat. Seine Analyse von Daten des
AQUAInstituts stützt sich auf kom
plette Datensätze aller 17 919 Patien
ten, die in den Jahren 2013 und 2014
in Deutschland einer transfemoralen
TAVIProzedur unterzogen worden
sind (Eur Heart J 2016, online 17.
Mai). Das AQUAInstitut analysiert
bekanntlich zum Zweck der verpflich
tenden Qualitätssicherung regelmäßig
medizinische Routinedaten.
Von den zur Bereitstellung dieser
Daten verpflichteten TAVIZentren
hatten 75 eine herzchirurgische Abtei
lung im Haus, 22 Zentren dagegen
nicht. Bei allen TAVIEingriffen war
jedoch ein Herzteam aus Kardiolo
gen und Herzchirurgen vor Ort, be
tonte Eggebrecht. An Zentren ohne
herzchirurgische Abteilung standen
dabei hinzugerufene Herzchirurgen
aus anderen Kliniken bereit.
Konversion zur offenen Op selten
Bei insgesamt 1332 Patienten (7,4
Prozent) waren die Transkatheter
Aortenklappen an Zentren ohne eige
ne Herzchirurgie im Haus implantiert
worden. Diese Patienten waren im
Schnitt älter (82 vs. 81 Jahre), und sie
hatten häufiger Begleiterkrankungen
wie koronare Herzkrankheit, PAVK
oder COPD als Patienten, die an Zen
tren mit einer herzchirurgischen Ab
teilung behandelt worden waren (n =
16587). Zudem ließ sich bei ihnen an
hand von Risikoscores wie logistischer
EuroSCORE und German Aortic Val
ve (GAV)Score ein höheres Sterbe
risiko prognostizieren.
Die TAVIProzedur nahm bei an
Zentren ohne Herzchirurgie behandel
ten Patienten im Schnitt mehr Zeit in
Anspruch (110,3 vs. 79,3 min), was
sich aber nicht auf die Durchleuch
tungszeiten (18,9 vs. 19,9 min) aus
wirkte, die sich nicht signifikant unter
schieden. Intraprozedurale Komplika
tionen traten an Zentren ohne Herz
chirurgie im Vergleich signifikant selte
ner auf (8,4 vs. 11,0 Prozent). Nur in
seltenen Fällen war eine Konversion
zur offenen Herzoperation erforder
lich, ohne dass sich die Konversionsra
ten signifikant unterschieden (0,3 vs.
0,7 Prozent).
Das wichtigste Ergebnis der Studie:
Die Sterberaten in der Zeit der statio
nären Versorgungen unterschieden
sich in beiden Gruppen nicht signifi
kant (3,8 vs. 4,2 Prozent). Gleiches
gilt für die Häufigkeit von zerebrovas
kulären Komplikationen (2,6 vs. 2,3
Prozent).
Bestätigt werden diese Ergebnisse
durch Ergebnisse einer gematchten
Analyse, bei der zur besseren Ver
gleichbarkeit jeweils 550 Patienten mit
identischen GAVRisikoscore von 2,0
aus beiden Gruppen paarweise gegen
übergestellt worden waren (Matched
pairs analysis). Auch aus dieser Analy
se resultierten Raten für die Hospital
sterblichkeit, die sich nicht signifikant
unterschieden (1,8 vs. 2,9 Prozent).
Die Schlaganfallraten waren de
ckungsgleich (3,2 vs. 3,2 Prozent).
Das Fazit Eggebrechts: Die enge
Kooperation der beteiligten Fachgrup
pen im Herzteam ist bei
TAVIProzeduren essenziell. Dabei
sollte das Fehlen einer herzchirurgi
schen Abteilung vor Ort jedoch nicht
als Kontraindikation für die Implanta
tion von TranskatheterAortenklappen
angesehen werden.
TAVI nur mit Herzchirurgie im
Haus ist das ein Muss?
TranskatheterAortenklap
penImplantationen werden
immer sicherer. Ist da die
Forderung, dass es im
TAVIZentrum auch eine
Herzchirurgie geben muss,
noch zeitgemäß? Neue
Studiendaten sprechen
jedenfalls gegen eine
solche Verpflichtung.
Von Peter Overbeck
Im Herzkatheterlabor: TAVIEingriffe werden immer sicherer.
© MATHIAS ERNERT/KLINIKUM LUDWIGSHAFEN
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Studienergebnisse
Die TAVIProzedur
nahm bei an
Zentren ohne Herzchirurgie
behandelten Patienten im Schnitt
mehr Zeit in Anspruch (110,3 vs.
79,3 min), was sich aber nicht
auf die Durchleuchtungszeiten
(18,9 vs. 19,9 min) auswirkte.
Intraprozedurale Komplika
tionen
wie Koronarokklusion,
Annulusruptur oder perikardiale
Tamponaden traten an Zentren
ohne Herzchirurgie im Vergleich
signifikant seltener auf (8,4 vs.
11,0 Prozent)
Die Sterberaten
in der Zeit der
stationären Versorgungen unter
schieden sich in beiden Gruppen
nicht signifikant (3,8 vs. 4,2 Pro
zent). Gleiches gilt für die Häu
figkeit von zerebrovaskulären
Komplikationen (2,6 vs. 2,3 Pro
zent).
Staphylococcus aureus ist in der Regel
ja ein gefürchteter Krankheitserreger.
Bisweilen finden sich allerdings im
Blut von Patienten abgeschwächte Va
rianten. Forscher haben jetzt eine da
für verantwortliche Mutation identifi
ziert (PNAS 2016; online 16. Mai).
Die wichtigsten Unterschiede: Die Fä
higkeit dieser S. aureusVariante im
Blut, menschliche Immunzellen zu
zerstören, ist deutlich schwächer ver
glichen mit ihren Verwandten aus der
Nasenschleimhaut, heißt es in einer
Mitteilung der Uni Würzburg. Gleich
zeitig gehe diese Veränderung mit dem
Befund einher, dass solche Bakterien
vermehrt in den Blutkreislauf ein
schwemmen, deutlich länger überle
ben und damit eine Bakteriämie verur
sachen.
Bei der Suche nach den Verant
wortlichen für diesen Verlust an Pa
thogenität wurden die Forscher beim
Gen rsp fündig. Dieses Gen kodiert
einen Transkriptionsfaktor. Ist das
Gen mutiert, verändern sich die Ei
genschaften der Bakterienpopulation
der Nase: Ihre Toxizität nimmt dras
tisch ab. Das hat zur Folge, dass Bak
terien, in denen rsp mutiert ist, zwar
effizient von Fresszellen des menschli
chen Immunsystems aufgenommen
werden, diese jedoch erst mit einer ge
wissen Verzögerung zerstören, wird
Autor Professor Thomas Rudel zitiert.
Da diese Immunzellen mobil sind,
können sie als Trojanische Pferde
die Bakterien im Menschen verbreiten.
Bei S.aureusStämmen der Haut
fanden sich keine solchen Veränderun
gen. Die neuen Eigenschaften sind of
fenbar nur bei einer Infektion der
Blutbahn von Vorteil, nicht aber beim
Befall der Haut oder anderer weicher
Gewebe. Unsere Befunde sprechen
dafür, dass spontane Mutationen dafür
verantwortlich sind, wenn das Regula
tionssystem, basierend auf dem rsp
Transkriptionsfaktor, seine Funktion
verliert, so Rudel. So sinke die Sterb
lichkeit zu Beginn einer Infektion, und
die veränderten Bakterien können tief
in Gewebe eindringen.
(eb)
Eine Mutation sorgt dafür,
dass S. aureus von seiner
Pathogenität einbüßt, dafür
aber mobiler wird.
Trojanische Pferde für Staphylococcus
12
Juni 2016
BDI aktuell
Medizin
Lesetipp
Die invasive Bestimmung der frakti
onellen Flussreserve (fractional
flow reserve, FFR) gestattet die Er
mittlung der hämodynamischen Re
levanz von Stenosen der Koronarar
terien. Verschiedene Studien konn
ten nachweisen, dass die Indikati
onsstellung zur myokardialen Revas
kularisation, basierend auf den Er
gebnissen einer FFRMessung, mit
einem verbesserten Outcome ver
bunden ist im Vergleich zur rein vi
suellen Quantifizierung des Schwe
regrades einer Stenose. Dies hat da
zu geführt, dass die FFRMessung
Eingang in die Leitlinien gefunden
hat.
Die vorliegende Arbeit zeigt den
theoretischen Hintergrund der FFR
Messung auf, fasst die entscheiden
den klinischen Daten zusammen
und bietet eine umfassende Praxis
anleitung für die sichere und
schnelle Durchführung der Messung
im klinischen Alltag.
Kardiologe 2016;
10:88105
Das akute Nierenversagen (ANV) ist
eine der Hauptkomplikationen der
Knochenmarktransplantation und
stellt einen Hauptrisikofaktor für
das Überleben bzw. für das Auftre
ten einer chronischen Niereninsuffi
zienz dar. Für das Auftreten sind
neben der Grunderkrankung der
Grad der Gewebeübereinstimmung,
die Wahl der Chemotherapeutika
sowie die Form und Intensität der
Bestrahlungstherapie verantwort
lich.
Die Hauptursache für ein ANV ist
das Auftreten einer thrombotischen
Mikroangiopathie, meist auf dem
Boden einer Graftversushost
Reaktion. Diese ist eine mit einer
sehr hohen Letalität vergesellschaf
tete Komplikation und muss so
schnell wie möglich therapiert wer
den. Mögliche therapeutische Maß
nahmen sind neben der Plasmase
paration die Gabe von Rituximab so
wie die Applikation von Eculizumab.
Nephrologe 2016;
11:205210
Fraktionelle Flussreserve in
der Diagnostik der korona
ren Herzerkrankung
Nierenprobleme nach Kno
chenmarktransplantation
Psychische Rauchstopp
barrieren
Durch eine wirksame Prävention des
Tabakrauchens wäre ein Großteil der
COPDInzidenz zu verhindern bzw.
die Langzeitprognose der Erkran
kung entscheidend zu verbessern.
Allerdings gelingt unter den bereits
an COPD erkrankten symptomati
schen Patienten nur einem Teil die
Tabakentwöhnung. COPDPatienten
weisen zugleich eine weit über
durchschnittliche psychische Ko
morbidität (Lebenszeitprävalenz kli
nischer Depressionen > 30%; Prä
valenz subklinischer depressiver
Symptome bis 60%) auf.
In diesem Beitrag werden mögli
che interdependente Zusammen
hänge zwischen Depressivität und
Tabakrauchen bei COPDPatienten
diskutiert und Empfehlungen für die
klinische Praxis angeregt.
Pneumologe 2016;
13:174180