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Das Korruptionsgesetz und die
Ökonomisierung machen ein Revival
des Belegarztes notwendig.
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BERUFSPOLITIK
Ich bin einer, der wenig Schlaf braucht.
Außerdem ist nichts abwechslungsreicher.
DR. STANISLAW NAWKA, NOTDIENST­ARZT IN HAMBURG
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TAVI nur mit Herzchirurgie im
Haus – ist das ein Muss? Neue
Daten sprechen dagegen.
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MEDIZIN
aktuell
MITGLIEDERZEITUNG BERUFSVERBAND DEUTSCHER INTERNISTEN BDI E.V.
PVST 58132 NR. 6, JUNI 2016
DIE INHALTE VON BDI AKTUELL FINDEN SIE AUF
Wäre es nur um die Legenden und
Bewertungen gegangen, wie es der
BDI für die überfällige Anpassung
der derzeitigen Gebührenordnung für
Ärzte (GOÄ) gefordert hatte, wäre es
wohl einfacher gewesen. Doch durch
die Vorgaben des Bundesgesundheits­
ministeriums, dass die Bundesärzte­
kammer (BÄK) ein mit den Kosten­
trägern – also privater Krankenversi­
cherung und Beihilfe – abgestimmtes
Konzept vorlegen soll, wird die
GOÄ­Novelle zu einem Politikum.
Man will nämlich die Abrech­
nungsvorgaben im Paragrafenteil, ja
sogar die Bundesärzteordnung än­
dern. Über eine gemeinsame Kom­
mission zur Weiterentwicklung der
GOÄ, GeKo genannt, werden die
Kostenträger in die Neudefinition
und Weiterentwicklung einer GOÄ
eingebunden und reden damit indi­
rekt in das Arzt­Patienten­Verhältnis
auch beim Privatversicherten hinein
(wir berichteten). Die gesetzliche
Krankenversicherung lässt grüßen.
Damit geht es in der Diskussion
um drei Teile: den ordnungspoliti­
schen Ansatz, vor allem die GeKo;
den Inhalt, also die Legenden, und
um die Bewertungen, über die bisher
keine Details bekannt sind. In Zu­
kunft wird darauf zu achten sein, dass
man alle drei Ebenen zwar getrennt
diskutieren kann, aber eine endgültige
Bewertung nur nach Vorlage des Ge­
samtentwurfs möglich sein wird.
Nach dem Desaster am außeror­
dentlichen Ärztetag, der letztlich zur
Klärung nicht beigetragen hat und
nur den Graben zwischen der BÄK
und den kritischen Berufsverbänden
vertieft hat, drückt der ordentliche
Ärztetag jetzt den Reset­Knopf.
Zwölf Punkte für Neustart
Wesentlich dazu beigetragen hat die
Allianz deutscher Ärzteverbände und
hier besonders der BDI, in dem die
Kritik in zwölf Punkten zusammen­
gefasst und auf dem 119. Deutschen
Ärztetag in Hamburg zur Abstim­
mung gestellt wurde. Zehn der For­
derungen wurden angenommen. Da­
runter auch einer der wichtigsten
Punkte: Die Berufsverbände und
Fachgesellschaften müssen in die
künftigen Verhandlungen einbezogen
werden, damit wird für Transparenz
gesorgt. Man fängt jetzt mit den Be­
wertungen an, auch in Kenntnis,
dass Teilergebnisse nicht zur Kon­
sentierung geeignet sind, wenn nicht
gleichzeitig die Bewertungen vorlie­
gen. Der Antrag zur Finanzierung
der Verhandlungen ist zuständig­
keitshalber an den BÄK­Vorstand
verwiesen worden.
Einer der zwölf Punkte der Ver­
bände wurde aber abgelehnt: Der An­
trag, den Paragrafenteil und die Än­
derung der Berufsordnung auf das für
den Inhalt der Legenden notwendige
Maß zu begrenzen, fand keine Mehr­
heit. Die Delegierten wollten die Ge­
Ko doch nicht ganz beseitigen. Die
Kommission wird in ihren Aufgaben
allerdings nicht so bleiben, wie sie zur
Zeit definiert ist. Ein Antrag der Lan­
desärztekammer Brandenburg wurde
angenommen. Danach sollen der Pa­
ragrafenteil und die Bundesärzteord­
nung nur dann geändert werden,
wenn dies inhaltlich zum Betreiben
einer novellierten GOÄ notwendig ist.
Das Ganze muss mit den Berufsver­
bänden und den Spitzenorganisatio­
nen der Ärzte abgestimmt werden. In­
sofern wird die Gebührenordnungs­
kommission mit ihrem neuen Vorsit­
zenden Dr. Klaus Reinhardt auch die
GeKo neu verhandeln müssen. Man
kann nur hoffen, dass eine „GeKo
light“ herauskommt.
BDI ist bereit, mitzugestalten
Es bedarf immer ein vielfaches an
Energie, ein festgefahrenes Projekt
wieder in Gang zu bringen. Unter
Zugrundelegung der Beschlusslage
des Ärztetages hat der BDI der Bun­
desärztekammer angeboten, gemein­
sam mit ihr diese Energie aufzuwen­
den und die Novellierung im Fach
Innere Medizin mit all seinen
Schwerpunkten koordinierend zu be­
gleiten. Ziel ist es hierbei, über die
Sektionen des BDI mit den Schwer­
punktverbänden sowie den wissen­
schaftlichen Schwerpunktgesellschaf­
ten einen konsentierten gemeinsa­
men Entwurf für die Innere Medizin
zu erarbeiten.
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Der 119. Deutsche Ärzte­
tag hat die Weichen für
einen Neustart bei den
GOÄ­Verhandlungen
gestellt. Dadurch erhalten
vor allem die Berufsver­
bände nun mehr Mitspra­
che. Doch was wird aus
der ungeliebten GeKo?
GOÄ: Ärztetag drückt auf Reset
Von Dr. Hans­Friedrich Spies
Stapelweise Anträge, die auf ihre Abstimmung warten. Auch zur GOÄ gab es gleich mehrere Papiere.
© DOMINIK REIPKA
Ein aktuelles Urteil des Bun­
dessozialgerichts (BSG) trifft
Ärzte, die in nächster Zeit ih­
re Praxisnachfolge regeln
wollen, hart. In einer zusätz­
lichen Grundsatzbemerkung,
die einer gesetzlichen Rege­
lung gleich kommt, hat das
BSG festgestellt, dass Ärzte,
die ihren Vertragsarztsitz zu­
gunsten einer Anstellung in
ein MVZ einbringen, dort
mindestens drei Jahre weiter­
arbeiten müssen, bevor sie
in Ruhestand gehen. An­
dernfalls kann das MVZ den
Sitz nicht einfach nachbeset­
zen. Gleiches gilt damit auch
für die Anstellung in Arzt­
praxen.
(eb)
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BSG schränkt
Spielraum für
Ärzte ein
PRAXISABGABE
Britische Forscher haben erstmals
die Entwicklung menschlicher
Embryonen in der Petrischale bis
zum 14. Lebenstag verfolgt. Aus
den Ergebnissen der Experimente
wird deutlich, dass die Embryo­
nalentwicklung beim Menschen
anders verläuft als etwa bei Affen
und Mäusen, sodass die Beobach­
tungen in den bisherigen Modell­
systemen bei Tieren keine
Schlussfolgerungen für die
menschliche Entwicklung zulas­
sen. Mit den Erkenntnissen wollen
die Wissenschaftler auch bessere
Strategien gegen Infertilität entwi­
ckeln.
(eb)
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Forschung an
Embryonen
ausgedehnt
EMBRYONALENTWICKLUNG
Die Gesundheitswirtschaft erzielte
im vergangenen Jahr eine Brutto­
wertschöpfung von 324 Milliarden
Euro und erreichte damit einen An­
teil von rund zwölf Prozent am Brut­
toinlandsprodukt (BIP). Das zeigen
die Daten und Fakten zur Gesund­
heitswirtschaft, die das Bundesminis­
terium für Wirtschaft (BMWi) jähr­
lich herausgibt. Dabei hat das BMWi
erstmals auch eine Sonderanalyse der
Gesundheitswirtschaft in Ost und
West erstellt. Daraus ergibt sich, dass
die Bruttowertschöpfung (allerdings
in 2014) in Westdeutschland bei
259,2 Milliarden und in Ostdeutsch­
land bei 53 Milliarden Euro lag.
Betrachtet man die gesamte Bun­
desrepublik, stellte der gesamte Ge­
sundheitssektor mit 6,8 Millionen
Erwerbstätigen im Jahr 2015 rund je­
den siebten Arbeitsplatz in Deutsch­
land. Das sind rund 100000 mehr
als im Jahr 2014 und rund 900000
mehr als im Jahr 2004. Auch das
jährliche Wachstum von 3,5 Prozent
in den letzten zehn Jahren liegt deut­
lich über dem des Bruttoinlandspro­
duktes insgesamt. Die große Bedeu­
tung der Branche zeigt sich unter an­
derem auch an dem Anteil der Ge­
samtexporte, der bei 7,4 Prozent
(101 Mrd. Euro) liegt, sowie den 19
Prozent des Gesamtkonsums, die auf
die Gesundheitswirtschaft entfallen.
Die Bruttowertschöpfung stieg
seit 2014 um 102 Milliarden Euro
auf 324 Milliarden Euro im Jahr
2015 an. Dies bedeutet, dass nun
rund jeder achte Euro an Brutto­
wertschöpfung in dieser Branche er­
wirtschaftet wird. Die Gesundheits­
wirtschaft verzeichnet über den ge­
samten Betrachtungszeitraum (2004
bis 2015) ein positives reales Wachs­
tum. Auch in den Jahren der Kosten­
dämpfung (2004) und der Wirt­
schafts­ und Finanzkrise (2008­
2009) war der reale Wertschöpfungs­
anstieg der Gesundheitswirtschaft
positiv.
Deutschland liegt bei den pro
Kopf Ausgaben für Gesundheit im
Rahmen der OECD­Länder auf
Platz 6, hinter Ländern wie der USA,
Schweiz oder den Niederlanden. Die
Gesetzliche Krankenversicherung
(GKV) trägt fast 60 Prozent der Ge­
sundheitsausgaben: Bei Gesamtaus­
gaben von 314 Milliarden Euro liegt
ihr Anteil bei 181 Milliarden Euro,
der der privaten Haushalte bei 42
Milliarden Euro (ca. 13 Prozent) und
der der privaten Krankenversiche­
rung bei 29 Milliarden Euro (ca.
neun Prozent).
(TR)
Gesundheitswirtschaft zeigt sich stark
Eine jährliche Wachstums­
rate von 3,5 Prozent über
zehn Jahre: der Wirt­
schaftsfaktor Gesundheit
ist damit mehr als nur ein
Dauerjobmotor.
Quelle: BMWI Sonderauswertung
Grafik: BDI aktuell
Erwerbstätige
Ost
1,3 Millionen
West
5,4 Millionen
Exportvolumen
Ost
8,3 Mrd. Euro
West
61,9 Mrd. Euro
Bruttowertschöpfung
Ost
53,0 Mrd. Euro
West
259,2 Mrd. Euro
Wirtschaftsfaktor Gesundheit
Ost und West in Deutschland
2014 im Vergleich
1 2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,...24
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