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Bücher
Nr. 3 • März 2014
9
Eberhard Volger, Benno Brinkhaus
Kursbuch Naturheilverfahren
Urban & Fischer bei Elsevier GmbH
2013, 552 S., 49,99 €
Naturheilverfahren
als Teil der
Schulmedizin
In ihrem Vorwort schreiben Volger
und Brinkhaus, dass die Ärztegesell-
schaft für Präventionsmedizin und
klassische Naturheilverfahren sich seit
ihrer Gründung vor 120 Jahren sat-
zungsgemäß dafür engagiert, die wis-
senschaftlich anerkannten Naturheil-
verfahren wieder in die konventionel-
le Medizin, die sogenannte Schulme-
dizin, zu reintegrieren. Dieser Wunsch
zieht sich wie ein roter Faden durch
alle Kapitel des umfassenden Werkes.
Die Abgrenzung zu sog. „alternativen“
Heilverfahren versuchen die Autoren
stets wissenschaftlich zu begründen.
Zu diesen komplementärmedizini-
schen Verfahren zählen sie Ethnome-
dizinen der chinesischen Medizin und
Ayurveda, aber auch Verfahren, die
sich als eigenständige Medizinsysteme
definieren, mit eigenem Weltbild, wie
Anthroposophische Medizin und
Homöopathie. Sie finden deshalb in
diesem Buch keine detaillierte
Beschreibung. Die Idee einer ganzheit-
lichen Sichtweise auf den Menschen
bestimmt, nach Ansicht der Autoren,
die Standortbestimmung der Natur-
heilkunde. Volger wünscht sich eine
Annäherung der konventionellen
Medizin an die Naturheilkunde, für
die das Physische und das Psychische
schon immer miteinander verbunden
waren. Er zitiert das Dilemma einer
biotechnisch klinischen Medizin „für
Körper ohne Seele“ und einer Psycho-
therapie für „Seelen ohne Körper“.
Gesundheit und Krankheit seien aber
komplementäre Erscheinungsformen
eines komplexen Systems und zum
Verständnis der Naturheilverfahren
sei es nötig, Gesundheit und Krank-
heit als Teil eines offenen dynami-
schen Geschehens zu sehen, das von
salutogenentischen und pathogeneti-
schen Faktoren beeinflusst wird. Anne
Wessel bemerkt in ihrem Beitrag zur
salutogenetischen Orientierung, dass
die Naturheilkunde stets in einem
medizinphilosophischen Sinne zu
begreifen sei und dass sie demnach
mehr sei als die Summe einzelner
Naturheilweisen erfasse.
Nach der Standortbestimmung wer-
den Grundlagen, Möglichkeiten und
Grenzen der Naturheilkunde ausführ-
lich beschrieben. Es werden die ein-
zelnen klassischen Naturheilverfahren
detailliert aufgeführt, beginnend mit
der Ordnungstherapie als Grundlage
ärztlichen Handelns. Die in diesem
Kapitel begonnene Gliederung wird in
den folgenden Kapiteln, die ausge-
wählte Erkrankungen und ausgewähl-
te Patientengruppen behandeln, kon-
sequent beibehalten. Dadurch erhält
das umfassende Werk eine gute Über-
sichtlichkeit, die es auch zu einem
praktischen Nachschlagewerk für die
Praxis macht. Die Texte sind wirklich
gut lesbar und sinnvoll strukturiert.
Die Inhalte sind sehr aktuell und die
Autoren verweisen regelmäßig auf
aktuelle Studien.
Ein eigenes Kapitel widmet sich aus-
gewählten Patientengruppen. Auf
Patienten mit onkologischen Erkran-
kungen und Patienten mit somatofor-
men Störungen wird ausführlich ein-
gegangen. Das erscheint mir sehr
sinnvoll, da diese Patienten oft einen
Naturheilkundler aufsuchen, von dem
sie sich einen ganzheitlichen Blick auf
ihre Erkrankung erwarten. Auch der
Beitrag zu Patienten mit geriatrischen
Erkrankungen gibt einen guten Über-
blick in sinnvolle ganzheitliche
Behandlungsansätze. Besonders
gelungen fand ich auch den Beitrag
von Karin Kraft zur Phytotherapie.
„Phytotherapie ist ein besonderer Teil
der allopathischen Medizin, aber nicht
eine ,besondere’ Therapierichtung mit
eigenem Weltbild“, schreibt Karin
Kraft eingangs zu ihrem Beitrag. Kurz
und prägnant gelingt es ihr, die Phyto-
therapie aus der Ecke einer volkstü-
melnden Alternativmedizin in den
Fokus moderner wissenschaftlicher
Forschung zu stellen. Die Schulmedi-
zin hat sich jahrzehntelang auf die
Monotherapie mit chemisch definier-
ten Substanzen beschränkt. Kraft
beschreibt die historischen und politi-
schen Gründe dieser Entwicklung. Der
letzte Beitrag des Buches beschäftigt
sich mit der praktischen Integration
von Naturheilkunde in die Arztpraxis.
Es werden Fragen der Praktikabilität
und der Abrechenbarkeit behandelt.
So finden sich auch hier wertvolle
praktische Aspekte zur Reintegration
der Naturheilkunde in die schulmedi-
zinische Praxis.
Fazit:
Das Buch wird dem Anspruch
der Autoren gerecht: Dem Leser wird
deutlich, dass Naturheilkunde mit
ihrem ganzheitlichen Blick auf den
Menschen in die Schulmedizin reinte-
griert werden muss. Es ist sowohl als
Nachschlagewerk für erfahrene Kolle-
gen, als auch als Lehrbuch für Einstei-
ger in die Naturheilkunde gut geeig-
net.
Dr. med. Ina Martini
Gerd Fröhlig, Jörg Carlsson, Jens Jung,
Walter Koglek, Bernd Lemke, Andreas
Markewitz, Jörg Neuzner (Hrsg.)
Herzschrittmacher- und
Defibrillator-Therapie
Indikation – Programmierung –
Nachsorge
Georg Thieme Verlag KG
2013, 2. vollst. überarb. u. akt. Auf-
lage, 648 S., 480 Abb., 139,99 €
Hervorragend!
Das erstmals 2006 herausgegebene
und damals schon mit Spannung
erwartete Buch erschien nun im Juli
2013 vollständig überarbeitet und
aktualisiert in 2. Auflage. Gerd Fröhlig
und seinem international tätigen
Autorenteam ist es erneut gelungen,
alle wichtigen Aspekte der Thematik –
auch unter Berücksichtigung aktueller
europäischer und amerikanischer
Empfehlungen – auf den neuesten
Stand zu bringen, sodass hier keine
Wünsche offen bleiben.
Layout und Gliederung des Buches in
15 Kapitel und der Anhang mit DRG-
Abbildung, Internet-Links und Abkür-
zungsverzeichnis sind sinnvoll,
ansprechend und übersichtlich struk-
turiert: von den elektrophysiologi-
schen und hämodynamischen Grund-
lagen über Diagnostik und Indikation
(inklusive Systemwahl), Technik und
Implantation (u.a. mit Unterkapiteln
über Technik der CCM, diverse Schritt-
macher-, ICD- und Linksherzsonden)
bis hin zu Schrittmacher- und ICD-
Programmierung und -Funktionen
(dabei auch Unterkapitel zur ambulan-
ten Nachsorge und zum Painfree-Kon-
zept). Neu im Vergleich zur ersten
Auflage ist unter anderem neben der
Device-Therapie der Herzinsuffizienz
(CRT, CCM) auch die systematische
Analyse von Herzschrittmacher- und
ICD-EKGs sowie die Telekardiologie
mit Rhythmusimplantaten. Der Quali-
tätssicherung und Patientensicherheit
inklusive gesetzlicher Regelungen
wurde ebenfalls mehr Platz einge-
räumt. Der Aufbau vom Grundlegen-
den zum Hochkomplexen ist intelli-
gent gelöst, die Texte sind gut lesbar
und abgerundet mit adäquaten quali-
tativ hochwertigen Abbildungen, vor
allem zahlreichen EKG-Beispielen,
radiologischen Darstellungen, Tabellen
und Diagrammen.
Durch farblich hervorgehobene
Zusammenfassungen am Anfang der
Kapitel bzw. Unterkapitel sowie durch
zwischen einzelnen Textabschnitten
gelegentlich eingestreuten „cave“-
Merkkästchen gelingt die kompakte
und schnelle Orientierung, die das
Buch auch zu einem praktischen Nach-
schlagewerk macht. Die farblichen
Markierungen am Seitenrand mit
Kapitelnummer und einer bildlichen
Symbolik in Form von EKG-Linien,
skizzierter Herzsilhouette, Schrittma-
chersonde etc. erleichtern zusätzlich
die schnellere inhaltliche Orientierung
beim Nachschlagen und sind auch ein
weiteres strukturelles Novum im Ver-
gleich zur ersten Auflage. Die inhaltli-
che Gestaltung meistert die Gratwan-
derung, thematisch alle Bereiche
detailgenau abzudecken ohne dass
aber eine Überflutung an Details oder
eine Redundanz erfolgt. Hier wird der
Grundsatz „so viel wie nötig und so
wenig wie möglich“ gut umgesetzt
und dem Leser durch zusätzliche Lite-
raturangaben und Internet-Links die
Möglichkeit zu einer noch weiterge-
henden Vertiefung gegeben. Bei der
insgesamt gebotenen Qualität ist der
Preis des Buches mehr als gerechtfer-
tigt.
Fazit:
Die immer wieder postulierte
und notwendige Kooperation medizi-
nischer Fachdisziplinen erfordert gera-
de auch von allen mit Herzschrittma-
cher- und Defibrillatorpatienten arbei-
tenden Medizinern nicht nur fundier-
tes Wissen im eigenen Fachbereich,
sondern auch die Fähigkeit, dies in der
Praxis interdisziplinär mit den ande-
ren beteiligten Kollegen zu koordinie-
ren. Hier bietet das beschriebene
Gesamtwerk als ein in allen Belangen
hervorragendes Lehrbuch und Nach-
schlagewerk, das die komplexe The-
matik in allen Facetten inhaltlich
lückenlos und gut lesbar darstellt,
eine hervorragende und empfehlens-
werte Grundlage.
Dr.med. Iris Schleißmann-Dicks
Dr. med. Ina Martini hat
Psychologie und Medizin
studiert und ist Fachärz-
tin für Innere Medizin in
Berlin.
Axel Trautmann, Jörg Kleine-Tebbe
Allergologie in Klinik und Praxis
Allergene – Diagnostik – Therapie
Georg Thieme Verlag KG
2013, 2. vollst. überarb. u. erw. Aufl.,
568 S., 205 Abb., 129,99 €
Anschaulich – und
macht Spaß!
Allergische Erkrankungen nehmen in
der westlichen Welt deutlich zu und
gelten zu Recht als Volkskrankheit.
Obwohl es sich bei Allergien um Sys-
temerkrankungen handelt, werden sie
in Deutschland im Gegensatz zu ande-
ren europäischen Ländern ausschließ-
lich organbezogen behandelt und blei-
ben deshalb auf der Ebene einzelner
Fachrichtungen. Trotzdem ist die
Allergologie ein Querschnittsfach und
jeder allergologisch tätige Arzt sollte
in der Lage sein, auch fachübergrei-
fend zu denken und zu handeln. Das in
der 2. überarbeiteten und erweiterten
Auflage vorliegende Buch von Traut-
mann und Kleine-Tebbe stellt deshalb
folgerichtig die gesamte Allergologie
im Rahmen der verschiedenen Fach-
disziplinen dar und geht auf die not-
wendigen Grundlagen der Immunolo-
gie und die wichtigsten Differenzialdi-
agnosen ein. Das Buch hat sich hier-
durch vom ursprünglichen Kittelta-
schenformat zum Lehrbuch gemau-
sert. Dabei verzichten die Autoren auf
lange Texte und wählen stattdessen
stichwortartige Aufzählungen der
wichtigsten Details, die gut lesbar
sind. Unterstützt wird die Information
durch Flussdiagramme und ausführli-
che Tabellen. Damit gelingt es nicht
nur, aktuelle Entwicklungen (z.B. die
molekulare Allergologie) oder Spezial-
themen (z. B. allergische Erkrankun-
gen in der Schwangerschaft) ausführ-
lich und anschaulich zu erörtern. Die
Autoren nehmen auch Randthemen
wie Zoologie, Botanik oder Biochemie
mit auf. Fazitkästen erleichtern die
Lesbarkeit und weisen auf besonders
wichtige Sachverhalte hin. Sehr gut
sind die Hinweise auf aktuelle Inter-
netseiten, die eine weitere Vertiefung
in das Thema möglich machen. Der
praktische Teil wird durch anschauli-
che Fotoreihen dargestellt. Dabei ist
der Brückenschlag zwischen wissen-
schaftlichen Erkenntnissen für die kli-
nische Spezialabteilung und prakti-
scher Anwendung im ambulanten
Bereich gelungen. Man merkt, dass die
Autoren die Allergologie nicht nur
theoretisch beherrschen, sondern ganz
praktisch anwenden.
Fazit:
Das Buch ist geeignet für Assis-
tenten in der allergologischen Weiter-
bildung, um sich einen Gesamtüber-
blick über die Allergologie zu ver-
schaffen und sich z. B. auf die Prüfung
zur Zusatzbezeichnung „Allergologie“
vorzubereiten. Es eignet sich aber
auch für in der Allergologie schon län-
ger Tätige, die ihr Wissen weiter ver-
tiefen oder auffrischen wollen. Es
macht Spaß, in diesem Buch etwas
Konkretes nachzuschlagen oder ein-
fach nur zu stöbern.
Dr. med. Ute Lepp
Dr. med. Ute Lepp ist
als Ärztin für Innere
Medizin, Pneumologie,
Allergologie in der
Herz-Lungenpraxis Stade
tätig.
Dr. Iris Schleißmann-
Dicks ist Fachärztin für
Innere Medizin mit
Zusatzbezeichnung
Sportmedizin und Physi-
kalische Therapie. Nach
10-jähriger Kliniktätig-
keit ist sie seit 16 Jahren
in eigener Praxis nieder-
gelassen.
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