VII
SERVICE
AUSGABE 11
• NOVEMBER 2013
Impressionen vom 6. Deutschen Internistentag in Berlin 2013
Fotos: Philipp Dera
Der Bundesrat will den Rettungsdienst
als eigenständigen Leistungsbereich im
Fünften Buch Sozialgesetzbuch auswei-
sen und hat dazu einen entsprechenden
Gesetzentwurf vorgelegt.
Zur Begründung heißt es im Gesetzent-
wurf, der Rettungsdienst, der insbeson-
dere die Notfallrettung, aber auch den
qualifizierten Krankentransport umfasse,
habe sich in Deutschland „als eigenstän-
diger medizinischer – vorklinischer –
Leistungsbereich“ entwickelt. Die Bür-
gerinnen und Bürger der Bundesrepublik
Deutschland haben einen gesetzlichen
Anspruch auf eine qualifizierte, bedarfsge-
rechte und flächendeckende präklinisch-
notfallmedizinische Versorgung nach dem
aktuellen Stand von Wissenschaft und
Technik.
Nach der bisherigen Rechtslage aber
werde der Rettungsdienst lediglich als
Bestandteil der „Fahrkosten“ beziehungs-
weise der „Versorgung mit Krankentrans-
portleistungen“ angesehen. Kosten für
einen Einsatz des Rettungsdienstes wür-
den nur dann erstattet, wenn der Einsatz
im Zusammenhang mit einer weiteren
Leistung der Krankenkasse stehe. Dies
führe dazu, dass insbesondere in der Not-
fallrettung in vielen Fällen „ein medizi-
nisch nicht zwingend notweniger
Transport des Patienten in ein Kranken-
haus“ vorgenommen werde, um präkli-
nisch erbrachte Leistungen „überhaupt
abrechnen“ zu können. Die Folge seien
unnötige Krankenhauseinweisungen mit
unnötigen, eigentlich vermeidbaren Kos-
ten.
Die Berücksichtigung der mit dem Ret-
tungsdienst verbundenen Kosten als
„Fahrkosten“ werde der Bedeutung des
Rettungsdienstes nicht gerecht: Die quali-
fizierte Versorgung von Notfallpatienten
und der sach- und fachgerechte Kranken-
transport beinhalte „wesentlich mehr als
die bloße Beförderungsleistung“; sie
seien schwerpunktmäßig medizinische
Leistungen, die von Notärzten und medizi-
nischem Fachpersonal erbracht würden;
Transportleistungen treten dagegen deut-
lich in den Hintergrund. Die Entwicklung
der Notfallmedizin ermöglicht in der präkli-
nischen Versorgung invasive und intensiv-
medizinische Maßnahmen, die für das
Überleben der Notfallpatienten und zur
Abwehr gesundheitlicher Schäden von
entscheidender Bedeutung sind. Der Ret-
tungsdienst habe unmittelbaren Einfluss
sowohl auf eine nachfolgende stationäre
Behandlung als auch auf eine gegebenen-
falls notwendige anschließende Rehabili-
tation.
Der Bundesart will mit den Neureglungen
eine Rechtsgrundlage schaffen, die eine
Abrechnung des Rettungsdienstes als ei-
genes Leistungsrecht ermögliche. Die vor-
geschlagenen Neuregelungen führen zu
keiner Ausweitung der jetzigen Leistungs-
ansprüche, Mehrkosten entstünden daher
nicht. Stattdessen werde die Aufhebung
der Verknüpfung für die Übernahme der
Kosten in § 60 Absatz 1 SGB V mit einer
weiteren Leistung der Krankenkasse dazu
führen, dass in vielen Fällen ein Transport
der Patienten ins Krankenhaus entfalle.
Dadurch würden erhebliche zusätzliche
Kosten durch vermeidbare Einweisungen
ins Krankenhaus gespart.
Außerdem heißt es im Gesetzentwurf,
dass durch „bestehende begriffliche Un-
klarheiten“ die Aufgaben des „Notarztes
im Rettungsdienst“ mit der „vertragsärztli-
chen Versorgung zu den sprechstunden-
freien Zeiten (Notdienst)“ vermischt oder
sogar verwechselt würden. Dadurch
komme es vor, dass in akuten medizini-
schen Notfällen nicht der Notarzt des Ret-
tungsdienstes über den unmittelbaren
Weg über die Rettungsleitstelle gewählt
werde, sondern der Umweg über den Not-
dienst der vertragsärztlichen Versorgung.
Auch der umgekehrte Fall sei möglich;
dies führe „unweigerlich zu erheblichen
Mehrkosten“.
Zukünftig sollen daher Wirtschaftspoten-
tiale konsequent erschlossen werden.
Insbesondere durch die vorgesehene
Einsatzlenkung des vertragsärztlichen
Bereitschaftsdienstes durch die Rettungs-
leitstelle könnten Doppel- und Fehlein-
sätze vermieden werden.
Die Bundesregierung hat den Vorschlag
des Bundesrates in ihrer Stellungnahme
abgelehnt. Gegen eine Verankerung des
Rettungsdienstes als eigenständiges Leis-
tungssegment im Fünften Buch Sozialge-
setzbuch spreche vor allem, „dass der
Rettungsdienst und seine Finanzierung als
Teil der Daseinsvorsorge von den Ländern
geregelt werde“. Die Länder hätten hierzu
Rettungsdienstgesetze erlassen, in denen
Näheres zur Sicherstellung einer bedarfs-
gerechten Versorgung der Bevölkerung
mit Leistungen der Notfallrettung und des
Krankentransports festgelegt werde.
Nach Ansicht der Regierung sollten die
bestehenden Gestaltungsspielräume der
Länder hinsichtlich der Bereitschafts- und
Rettungsdienste „nicht beschnitten“ wer-
den.
Soweit vom Bundesrat gefordert wird,
den Landesgesetzgeber zu ermächtigen,
vertraglich zwischen Kassenärztlichen
Vereinigungen und den Trägern der Ret-
tungsleitstelle zu regeln, dass die Einsatz-
lenkung des vertragsärztlichen
Bereitschaftsdienstes auch durch Ret-
tungsleitstellen zugelassen werden kann,
weist die Bundesregierung auf Folgendes
hin: Nach § 75 Absatz 1 Satz 2 SGB V um-
fasst die Sicherstellung durch die Kassen-
ärztliche Vereinigung auch die
vertragsärztliche Versorgung zu den
sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst),
nicht jedoch die notärztliche Versorgung
im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit
Landesrecht nichts anderes bestimmt.
Das geltende Recht eröffnet damit auch
dem Landesgesetzgeber Gestaltungsmög-
lichkeiten zur besseren Organisation und
Verzahnung von Notdienst und Rettungs-
dienst. So ist eine organisatorische Ver-
knüpfung (gemeinsame Leitstelle etc.)
mit dem Rettungsdienst aufgrund der
geltenden Rechtslage möglich und wird
teilweise regional – allerdings recht unter-
schiedlich – auch bereits genutzt.
Durch das GKV-Versorgungsstrukturge-
setz haben die Länder zudem das Recht
erhalten, ein gemeinsames Gremium auf
Landesebene zu sektorenübergreifenden
Versorgungsfragen zu bilden, wobei des-
sen nähere Ausgestaltung und Besetzung
ebenfalls den Ländern überlassen bleibt.
Eine Einbeziehung des Rettungsdienstes
zur Berücksichtigung von regionalen Ver-
sorgungsbedürfnissen ist danach möglich.
Außerdem wurde durch das GKV-Versor-
gungsstrukturgesetz die sektorenübergrei-
fende Organisation des ärztlichen
Notdienstes verbessert. Es wurde klarge-
stellt, dass Kassenärztlichen Vereinigun-
gen den vertragsärztlichen Notdienst
auch durch Kooperationen und eine orga-
nisatorische Verknüpfung mit Kranken-
häusern sicherstellen können.
Im Übrigen sollten die bestehenden Ge-
staltungsspielräume der Länder, den ärztli-
chen Bereitschafts- bzw. Rettungsdienst
in einer den örtlichen Versorgungsstruktu-
ren und Versorgungsbedürfnissen jeweils
entsprechenden Weise zu regeln, auch
bezüglich der Zusammenarbeit von Ver-
tragsärztinnen und -ärzten sowie Kran-
kenhäusern nicht beschnitten werden.
Ass. Jur. Christina
Zastrow-Baldauf
Justiziarin des
Berufsverbandes
Deutscher Internisten
e.V.
Schöne Aussicht 5,
65193 Wiesbaden
Telefon: 0611/181 33 17
Bundesrat will eigenständigen
Leistungsbereich für den Rettungsdienst
Leserbrief
Polizei als Anzeigen-
verkäufer!?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn die Polizei in unseren Arzt-
praxen anruft, stehen wir gewöhn-
lich stramm. Durch ungeklärte
Todesfälle, Suchmeldungen, Kör-
perverletzungen und Unfälle sind
wir meist unmittelbar betroffen.
In diesem Fall jedoch ging es um
eine freche und unverschämte
Werbung, die in den Bereich des
unlauteren Wettbewerbs gehört.
Wir wurden von einem Herrn von
der Polizei angerufen. Es wurde
ausgerichtet, es gehe um eine
private Angelegenheit und man
bat, rasch zurückzurufen.
Herausgestellt hat sich, dass hinter
dem Herrn der Akquisiteur für eine
Polizeizeitschrift stand. In einer
polizeiinternen Zeitung sollen wir
als Ärzte mit unserem Namen und
der Praxisadresse werben, um von
der Polizeischule abgehende Be-
amtenanwärter auf unsere Praxis
aufmerksam zu machen. Für eine
Minianzeige soll man 300,00 €uro
bezahlen.
Unter der Verwendung unlauterer
Methoden und unter Ausnutzung
der Stellung der Polizei bedient
man sich anscheinend frecher
Akquisitionsmethoden zum Verkauf
von Anzeigeflächen.
Mit dieser Veröffentlichung sollen
andere Kollegen gewarnt werden,
unter dem Eindruck der Hilfebe-
dürftigkeit der Polizei, Werbemaß-
nahmen zum Opfer fallen, die
eindeutig kommerziellen Charakter
haben.
Gleichzeitig hoffe ich, dass dieser
eindeutig unlautere Wettbewerb
nicht die Rückendeckung der
Polizei hat.
Dr. med. Joachim Maute,
Internist, Berlin