Die Population der prospektiven
randomisierten Studie bestand aus
2104 Rauchern und Ex-Rauchern
mit einem Alter von 50–70 Jahren,
mind. 20 Packungsjahren und gutem
körperlichen Zustand, bei denen im
vergangenen Jahr keine Thorax-CT
durchgeführt wurde. Die Teilnehmer
wurden für jährliche Low-Dose-Tho-
rax-CT-Untersuchungen oder die
übliche symptomorientierte Behand-
lung durch Haus- und Fachärzte
(Kontrollgruppe) im Verhältnis 1:1
randomisiert. Alle unterzogen sich
einer jährlichen klinischen Unter-
suchung mit Anamnese, körper-
lichem Status und Lungenfunktion.
Probanden der Interventionsgruppe
mit radiologischen Knoten zwischen
5 und 15 mm erhielten nach drei
Monaten einen Kontrollscan, wenn
keine Benignitätskriterien vorlagen.
Waren die Knoten über 15 mm groß,
wurden diese diagnostisch abgeklärt.
Innerhalb der 5-jährigen Nachbeob-
achtungszeit fanden sich in der
Interventionsgruppe signifikant
mehr Lungenkrebsfälle (69 vs. 24;
p < 0,001), davon 48 vs. 21 im Limi-
ted-Disease-Stadium. Die Zahl der
fortgeschrittenen Lungenkarzinome
unterschied sich mit 21 vs. 16 nicht
signifikant. Während der Nachbeob-
achtungszeit starben insgesamt
61 vs. 42 Teilnehmer (p = 0,059).
Davon war bei 15 vs. 11 Personen
Lungenkrebs die Todesursache
(p = 0,428). Die Autoren erklären die
fehlende Signifikanz mit der gerin-
geren Probengröße und der etwas
kürzeren Nachbeobachtungszeit. Sie
diskutieren, ob sich in den nächsten
5 Jahren eine Signifikanz heraus-
kristallisieren werde. Sie geben
jedoch auch zu bedenken, dass sich
diese – bedingt durch die kurze
durchschnittliche Überlebensdauer
bei fortgeschrittenem Lungenkarzi-
noms von 13–17 Monaten – bereits
innerhalb der 5-jährigen Studien-
dauer hätte zeigen müssen.
Fazit
Ein Low-Dose-CT-Screening des
Thorax decke mehr Frühstadien des
Lungenkarzinoms auf, jedoch nicht
mehr fortgeschrittene Erkrankungs-
fälle, so die Autoren. Ebenfalls werde
die Mortalität nicht reduziert. Dies
könne z.B. auf eine Überdiagnose
nicht therapiebedürftiger Fälle hin-
weisen.
Dr. med. Peter Pommer
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2012; 137:
1232). Alle Rechte vorbehalten.
Medizin
Nr. 8/9 • August 2012
14
meisten Fällen ebenfalls die Ursache
der Cholestase beseitigen.
Die Behandlungsoptionen richten sich
nach dem Ausmaß der Beschwerden.
Asymptomatische Patienten bedürfen
keinerlei Behandlung. Ebenso sollte
von invasiven diagnostischen Maßnah-
men Abstand genommen werden.
Symptomatische Patienten ohne
Cholestase sollten supportiv behandelt
werden. Eine ERCP mit Papillotomie
kann bei einer Cholestase angezeigt
sein. Eine Operation, vorzugsweise
mittels einer Laparotomie, ist bei aus-
gewählten Patienten sinnvoll. Hierbei
ist eine ausführliche Exploration des
Bauchraums und Retroperitoneums,
insbesondere im Bereich des Pankreas
und Duodenums durch das sog.
Kocher-Manöver wichtig. Eine Suche
nach Begleitfehlbildungen wird hierbei
nicht empfohlen.
In dem vorgestellten Fall erfolgte
wegen Oberbauchbeschwerden eine
Ultraschalluntersuchung. Hierbei ließ
sich an der typischen Stelle keine Gal-
lenblase darstellen (Abb. 1). Aus der
Krankengeschichte und aus den vorlie-
genden Operationsberichten wurde
eine Cholezystektomie ausgeschlossen.
Eine Gallenblasenagenesie wurde dis-
kutiert. Bei postprandialem Zustand
zum Zeitpunkt der Oberbauchsono-
graphie kamen eine kontrahierte Gal-
lenblase und eine Schrumpfgallenblase
als Differenzialdiagnose in Frage. Zur
weiteren Differenzierung führten wir
eine MRT des Oberbauchs einschließ-
lich einer MRCP durch (Abb. 2 und
Abb. 3). Hierbei wurde die Diagnose
der Gallenblasenagenesie bestätigen.
Begleitfehlbildungen könnten in der
MRT nicht erkannt werden.
Bei fehlenden klinischen, laborchemi-
schen und bildmorphologischen Zei-
chen einer Cholestase war eine Behand-
lung diesbezüglich nicht indiziert. Die
Patientin wurde ausführlich über die
Benignität des Befundes sowie mögli-
che Krankheitsverläufe aufgeklärt.
Konsequenz für Klinik und Praxis
▶ Eine Gallenblasenagenesie ist selten.
Sollte die Gallenblase jedoch bei der
Bildgebung oder im Operationsitus
nicht aufzufinden sein, muss an sie
gedacht werden (DD Z. n. Cholezyst-
ektomie, Schrumpfgallenblase,
Steingallenblase).
▶ Die Sonographie lässt meist die Ver-
dachtsdiagnose bei passender
Anamnese bereits zu. Sie ist ein
gutes orientierndes Diagnostikver-
fahren, reicht jedoch zur definitiven
Diagnose nicht.
▶ Ergänzend sollte eine MRT mit
MRCP erfolgen, auch um Begleitfehl-
bildungen zu diagnostizieren.
▶ Beschwerdefreie Patienten bedürfen
keiner weiteren Abklärung.
▶ Eine ERCP mit Papillotomie kann bei
Cholestase indiziert sein.
Autorenerklärung: Die Autoren erklä-
ren, dass sie keine finanziellen Verbin-
dungen mit einer Firma haben, deren
Produkt in diesem Artikel eine wichti-
ge Rolle spielt (oder mit einer Firma,
die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).
Literatur
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roscopically. Am J Gastroenterol 1993;
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P. Ambe 1 , S. A. Weber 2
1 Klinik für Allgemein-, Viszeral- und
Kinderchirurgie, Universitätsklinik
Düsseldorf
2 Abteilung Innere Medizin, St. Elisabeth
Krankenhaus Köln-Hohenlind, Akademi-
sches Lehrkrankenhaus der Universität zu
Köln
Korrespondenz
Dr. Peter Ambe
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kin-
derchirurgie, Heinrich-Heine Universitäts-
klinikum Düsseldorf
Moorenstr. 5
40225 Düsseldorf
eMail: Peter.ambe@med.uni-duessel-
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tung von Werbeträgern e. V.
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Das 2010 publizierte National Lung Screening Trial hatte eine 20 %ige
Reduktion der Mortalität bei einem Kollektiv mit mehr als 50 000
Personen durch drei Low-Dose-Thorax-Computertomographien in
jährlichen Abständen im Vergleich zu konventionellen Summations-
radiographien gezeigt. Z. Saghir et al. verglichen nun ein jährliches
CT-Screening mit einem konventionellen Vorgehen über 5 Jahre.
Thorax 2012; 67: 296–301
Onkologie – Pneumologie
Lungenkrebs-Screening deckt
frühe Krankheitsstadien auf
Kurzmitteilung
Vorhofflimmern: Frauen haben trotz
Warfarin ein höheres Schlaganfallrisiko
Patienten mit Vorhofflimmern haben ein
hohes Schlaganfallrisiko, sodass Antikoagu-
lanzien prophylaktisch empfohlen werden.
Tsadok und seine Kollegen analysierten
nun in einer populationsbasierten Kohor-
tenstudie (≥ 65 Jahre) in Kanada, ob sich
das Schlaganfallrisiko zwischen Frauen und
Männern unter Berücksichtigung der erhal-
tenen Warfarin-Therapie unterscheidet.
Die Datenanalyse von 39 398 Männer und
44 115 Frauen, bei denen kürzlich Vorhof-
flimmern diagnostiziert wurde, ergab, dass
Frauen bei der Einweisung in die Klinik
älter waren und einen höheren CHADS2-
Score als Männer hatten. 30 Tage nach der
Krankenhausentlassung erhielten 58,2 %
der Männer und 60,6 % der Frauen Warfa-
rin. Die Compliance unterschied sich nicht,
jedoch lag bei Frauen mit 2,02 pro 100-
Patienten-Jahre eine höhere Inzidenz für
einen Schlaganfall vor (1,61; 95 %-Konfi-
denzintervall 1,54–1,69), getriggert
hauptsächlich durch die Patientengruppe
≥ 75 Jahre. Die Autoren stellten fest, dass
auch nach Baseline-Anpassung für Warfa-
rin-Therapie, CHADS2-Score und Komorbi-
diäten das Schlaganfallrisiko bei Frauen
höher war als bei Männern. msa
(JAMA 2012; 307; 1952–1958)