Medizin
Nr. 8/9 • August 2012
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of Chronic Heart Failure-Studie“
(OPTIME-CHF) wissen wir, dass die
Gabe von Phosphodiesterase-Hem-
mern mit einem erhöhten Risiko von
Herzrhyhmusstörungen, schweren
Hypotonien und bei Patienten mit
koronarer Herzerkrankung mit einer
erhöhten Mortalität einhergeht [6].
Dopamin
Dopamin stimuliert in niedriger
Dosierung dopaminerge Rezeptoren,
steigert den renalen Blutfluss und
die Diurese. Bei Patienten mit akuter
Herzinsuffizienz liegen keine Studien
vor, sodass die Entscheidung für den
Einsatz von Dopamin in „Nierendo-
sis“ (2-3 μg/kg/min i. v.) dem Einzel-
fall überlassen bleibt [Empfehlungs-
grad IIb, Evidenz C] [5].
Herzglykoside
Herzglykoside wirken positiv inotrop
und sind bei Patienten mit akuter
Herzinsuffizienz und schnellem
Vorhofflimmern zur Verlangsamung
der ventrikulären Stimulation sin-
nvoll [Empfehlungsgrad IIb, Evidenz
C] [5]. Sie sind aber beim kardio-
genen Schock infolge eines akuten
Myokardinfarkts kontraindiziert.
Gründe hierfür sind myokardiale
Reinfarzierungen und das Auftreten
lebensbedrohlicher ventrikulärer
Arrhythmien.
Vasopressoren
Vasopressoren (Noradrenalin) sind
erst bei Blutdruckwerten < 90 mm
Hg indiziert, wenn die Kombination
aus „fluid challenge“ und positiv
inotropen Substanzen versagt. Eine
Kombination aus Noradrenalin mit
positiv inotropen Substanzen (Dobu-
tamin, PDE-III-Inhibitor) ist sinnvoll,
um die Vasopressor-Dosis möglichst
gering zu halten [Empfehlungsgrad
IIb, Evidenz C] [5].
kurzgefasst
Bei systemarterieller Hypo-
tonie trotz ausreichender Hydrata-
tion sind positiv inotrope Substan-
zen notwendig. Dobutamin ist das
Mittel der ersten Wahl. Noradrenalin
sollte nur als ultima ratio eingesetzt
werden. Aufgrund ihrer ungünstigen
Nebeneffekte sollten positiv inotrope
Substanzen und Vasopressoren nur
so hoch wie nötig dosiert und so
schnell wie möglich wieder ausge-
schlichen werden.
Begleittherapie
Eine vorbestehende Beta-Blocker-
Therapie sollte fortgesetzt werden,
sofern keine hämodynamischen
Instabilität besteht. Dies gilt auch für
ACE-Hemmer, wobei hier auf eine
mögliche Verschlechterung der
Nierenfunktion und hypotone Kreis-
laufreaktionen zu achten ist. Wichtig
ist, dass alle Patienten mit Herzinsuf-
fizienz vor Entlassung erneut leitlin-
iengetreu auf Beta-Blocker, ACE-
Hemmer oder AT
1
-Antagonisten und
Diuretika eingestellt werden, da
dadurch Rehospitalisationsrate und
Mortalitätsrisiko gesenkt werden
können [2, 8].
kurzgefasst
Nach hämodynamischer Stabil-
isierung und vor Entlassung sollte
leitliniengetreu eine medikamentöse
chronische Herzinsuffizienztherapie
wieder etabliert werden, da nur
dadurch Rehospitalisation und Mor-
talität gesenkt werden.
Ausblick auf neue
Medikamente
Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten
Der selektive Vasopressin-V2-Rezep-
tor-Antagonist Tolvaptan induziert
eine gesteigerte Diurese und einen
Anstieg der Natrium-Konzentration
im Serum, ohne negative Auswirkun-
gen auf die Nierenfunktion zu haben.
In der randomisierten Placebo-kon-
trollierten EVEREST-Studie [9]
zeigten sich unter Tolvaptan eine
gesteigerte Diurese, ein Körperge-
wichtsverlust, eine Verbesserung der
Dyspnoe und eine Verbesserung
einer Hyponatriämie, jedoch kein
Nutzen bezüglich Mortalität oder
Hospitalisationsrate. Tolvaptan ist
zur Behandlung der schweren
Hyponatriämie bereits zugelassen.
Welche Bedeutung Tolvaptan in der
Behandlung der akuten Herzinsuf-
fizienz haben wird ist offen.
Relaxin
Relaxin, ein Schwangerschaftshor-
mon, steigert die Expression des
Endothelin-(ET)-Typ-B-Rezeptors in
Endothelzellen. Der ET-B-Rezeptor
hat eine Clearance-Funktion für
Endothelin-1, einem potenten Vaso-
konstriktor. Relaxin ist somit ein
funktioneller Endothelin-1-Antago-
nist und wirkt über eine ET-B-Rezep-
torstimulation direkt vasodilatato-
risch und antiproliferativ. In der ran-
domisierten Placebo-kontrollierten
Dosisfindungsstudie Pre-RELAX-AHF
(n = 234 Patienten mit akuter Herz-
insuffizienz) kam es unter Relaxin zu
einer signifikanten Abnahme von
Dyspnoe, kardiovaskulärem Tod und
Rehospitalisation [17]. Eine Phase-III-
Studie, RELAX-AHF-1, ist initiiert.
Istaroxim
Istaroxim inhibiert die Natrium-Kali-
um-ATPase und stimuliert die Kalzi-
um-ATPase des sarkoplasmatischen
Retikulums, verbunden mit einer
intrazellulären Akkumulation von
Kalzium und einer positiven
Inotropie. In einer randomisierten
Placebo-kontrollierten Dosisfind-
ungsstudie, HORIZON-HF [16], kam
es unter Istaroxim zu einer Abnahme
der Pulmonalarteriendrücke und zu
einem Anstieg des systolischen Blut-
drucks. Die Nierenfunktion blieb
unbeeinflusst. Weitere Studien
müssen folgen.
Myosin-Aktivator
Omecamtiv Mecarbil aktiviert
Myosin und verlängert die Dauer der
Aktin-Myosin-Bindung. Es wirkt po-
sitiv inotrop und verlängert die Sys-
tolendauer auf Kosten der Diastole,
welche für die Koronardurchblutung
wichtig ist. In einer Phase-II-Studie
(n = 45 Patienten mit stabiler Herzin-
suffizienz) kam es unter Omecamtiv
Mecarbil zu einer dosisabhängigen
Steigerung von Schlagvolumen und
Herzzeitvolumen [4]. Die Verlänge-
rung der Systole hatte bei zwei
Patienten jedoch die befürchtete
Ischämie zur Folge. Ob die neue
Wirkstoffgruppe der Myosin-Aktiva-
toren die Klinik erreicht, wird von
den Ergebnissen weiterer klinischer
Studien abhängen.
Adenosin-Rezeptor-Antagonisten
Für den selektiven Adenosin-A
1
-
Rezeptorantagonist Rolofyllin zeigte
sich in der PROTECT-Studie hin-
sichtlich klinischer Herzinsuffizienz-
zeichen keine Verbesserung [12],
vielmehr traten gehäuft zerebrale
Krampfanfällen auf. Die Weiterent-
wicklung dieser Substanz wurde
inzwischen eingestellt.
Guanylatcyclase-Aktivatoren
In einer kleinen, nicht randomisier-
ten (ohne Kontrollgruppe) Proof-of-
concept-Phase-II-Studie konnte bei
Patienten mit akuter Herzinsuffi-
zienz unter dem Guanylatcyclase-
Aktivator Cinacigut eine klinische
Verbesserung erzielt werden, wenn-
gleich klinisch relevante Hypotonien
den klinischen Nutzen möglicher-
weise einschränken werden [10].
kurzgefasst
Von den neuen medikamen-
tösen Therapieansätzen werden
aktuell Relaxin, Istaroxim und Ome-
camtiv Mecarbil intensiv anhand
klinischer Studien geprüft. Von all
diesen Substanzen ist zumindest
eine Symptomverbesserung und im
günstigsten Fall eine Reduktion von
Rehospitalisation und Mortalität zu
fordern.
Konsequenz für Klinik
und Praxis
▶ Die akute Herzinsuffizienz bedarf
einer raschen und möglichst kau-
salen Therapie. Beim akuten Koro-
narsyndrom steht daher die Akut-
koronarangiographie im Vorder-
grund.
▶ Eine kombinierte Standardtherapie
ist einer hochdosierten Monothe-
rapie im Hinblick auf die Organ-
protektion überlegen (kombinierte
diuretische Therapie, kombinierte
Therapie mit positiv inotropen
Substanzen).
▶ Positiv inotrope und vasoaktive
Substanzen sollten so niedrig wie
möglich dosiert und so rasch wie
möglich ausgeschlichen werden.
▶ Von neuen medikamentösen The-
rapieansätzen ist zumindest eine
Symptomverbesserung und im
günstigsten Fall eine Reduktion
von Rehospitalisation und Mortali-
tät zu fordern.
Autorenerklärung: Die Autoren er-
klären, dass sie keine finanziellen
Verbindungen mit einer Firma
haben, deren Produkt in dem Artikel
eine wichtige Rolle spielt (oder mit
einer Firma, die ein Konkurrenzpro-
dukt vertreibt).
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A. Link, J. Pöss, M. Böhm
Klinik für Innere Medizin III, Universi-
tätsklinikum des Saarlandes, Hom-
burg/Saar
Korrespondenz
PD Dr. med. Andreas Link
Klinik für Innere Medizin III, Universität
des Saarlandes
Kirrberger Straße
66421 Homburg / Saar
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Fax: 06841/16-23369
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Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2012; 137:
1126–1129). Alle Rechte vorbehalten.