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Berufspolitik
Nr. 7 • Juli 2012
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Heutzutage steht der Begriff „Infekti-
onsmedizin“ für eine kooperative
Zusammenarbeit zwischen Fächern
der Diagnostik (z. B. Mikrobiologie),
Krankenhaushygiene und den Klini-
kern (hier ausgebildete Infektiologen,
aber auch Kliniker aus Schwerpunkt-
fächern der Inneren Medizin). Ohne
eine Kooperation über Fachgrenzen
hinaus kann eine moderne, effiziente
Medizin heute nicht mehr gewähr-
leistet werden. Die Kompetenzen der
einzelnen Fachgruppen sind klar
definiert. Nur durch die Vernetzung
der diagnostischen und klinischen
Kompetenz – verbunden mit der not-
wendigen Einsicht der Fachbereiche
– wird eine moderne und schlagkräf-
tige Infektionsmedizin in Deutsch-
land möglich sein. Diese Zusammen-
arbeit war notwendig, um dem
EHEC-Ausbruch zu begegnen. Aber
gerade dieser Ausbruch zeigt erneut
deutlich den Bedarf an Infektiologen
in Deutschland. Nur durch Zusam-
menarbeit und die stringente Befol-
gung von krankenhaushygienischen
Konzepten ist eine optimale und pro-
fessionelle Betreuung von Patienten
mit Infektionskrankheiten gewähr-
leistet.
Beunruhigend dagegen ist, wie Qua-
lifikationen erworben werden kön-
nen. Wie sieht die Ausbildung zum
Infektiologen in Deutschland aus? Im
europäischen Kontext ist die Ausbil-
dung völlig unzureichend. Die Infek-
tiologie kann in fast allen Bundeslän-
dern mit Ausnahme von Mecklen-
burg-Vorpommern als eine Zusatzbe-
zeichnung erworben werden. Die
Ausbildung dauert nach der Muster-
weiterbildungsordnung 12 Monate.
Neben der kurzen Ausbildungszeit
sind klare inhaltliche Defizite auszu-
machen. In anderen europäischen
Ländern ist dagegen eine 5-jährige
Ausbildung mit einem deutlich pro-
funderen Ausbildungscurriculum
vorgesehen (s. auch UEMS Infectious
Diseases). In Anbetracht dieser Situa-
tion fordern die Sektion für Infektio-
logie des Berufsverbandes Deutscher
Internisten (BDI) und die Deutsche
Gesellschaft für Infektiologie (DGI)
die Schaffung der Schwerpunktbe-
zeichnung „Infektiologe“ innerhalb
der Inneren Medizin bzw. Pädiatrie.
Hier soll vor allem die Qualität der
Ausbildung deutlich verbessert wer-
den. Um eine adäquate Weiterbil-
dung zu gewährleisten, müssten
natürlich auch entsprechende Multi-
plikatoren, gemeint sind Ausbilder,
zur Verfügung stehen. Eine Infektio-
logie kann nur dann auf Dauer exis-
tieren, wenn nicht nur eine klare,
klinisch orientierte Ausbildung exis-
tiert, sondern entsprechende Netz-
werke von akademischen infektiolo-
gischen Einheiten in den Universi-
tätskliniken in der Bundesrepublik
Deutschland etabliert sind.
Die von verschiedenen Fachberei-
chen gelegentlich geäußerten Beden-
ken sind in den meisten Fällen unbe-
gründet. Wenn der Bedarf der engen
Kooperation mit den verschiedenen
Fachbereichen von der Infektiologie
ignoriert würde, verlöre sie ihre
Daseinsberechtigung. Interessante
Konzepte werden bereits in der Bun-
desrepublik umgesetzt. Die Schaf-
fung des Deutschen Zentrums für
Infektionsforschung (DZI) oder die
Bildung von Zentren für Infektions-
medizin in Universitätskliniken sind
mögliche Wege, um eine enge Ver-
netzung der Infektiologie mit ande-
ren Fächern anzustreben. Unabhän-
gig davon bedarf es der Erarbeitung
von individuellen Konzepten, inwie-
weit z. B. Betten für die klinische
Infektiologie vorgehalten werden.
Wer möchte sich den Forderungen
nach einer verbesserten Ausbildung
verschließen?
A. J. Ullmann, Medizinische Klinik
und Poliklinik II, Universitätsklinik
Würzburg
J. F. Riemann, Stiftung LebensBlicke,
Klinikum Ludwigshafen
Dieser Beitrag wurde zuvor in
„Der Gastroenterologe 2012, 7: 211-12“
veröffentlicht. Mit freundlicher Genehmi-
gung des Springer-Verlags.
Nach EHEC braucht
Deutschland den
Facharzt Infektiologie
Infektionen in der Gastroenterologie
(Fortsetzung von Seite 1)