Die Autoren stützten sich dabei auf
Daten von 1 143 513 Herzinfarktpa-
tienten aus dem Nationalen Herzin-
farkt-Register der Jahre 1994–2006.
Der Anteil weiblicher Patienten betrug
42,1 %. Diese waren bei der Klinik-
aufnahme im Durchschnitt 73,9 Jahre
alt und damit signifikant älter als
männliche Herzinfarktpatienten
(66,5 Jahre). Unabhängig von Alter
und Geschlecht wurden Infarktpatien-
ten ohne typische Thoraxschmerz-
symptomatik häufig mit zeitlicher
Verzögerung in die Klinik eingeliefert;
außerdem wurden signifikant seltener
akute revaskularisierende Therapie-
maßnahmen durchgeführt. Speziell
bei älteren Patienten (> 65 Jahre)
fehlte es an weiteren Behandlungs-
maßnahmen, wie z.B. der Gabe von
Thrombozytenaggregationshemmern
oder Beta-Blockern. Koronare Bypass-
Operationen wurden v.a. bei Männern
durchgeführt, selbst wenn diese nicht
über Brustschmerzen geklagt hatten.
Insgesamt war der Anteil der Patien-
ten ohne Brustschmerzsymptomatik
bei weiblichen Patienten signifikant
höher als bei männlichen (42,0 % vs.
30,7 %, p < 0,001). Dieser Unterschied
betraf in erster Linie jüngere Patienten
und verringerte sich mit zunehmen-
dem Alter: So lag er in der Alters-
gruppe < 45 Jahre noch bei 30,0 %
(Odds Ratio [OR] 1,30) und bei den
65- bis 74-Jährigen bei 13 % (OR 1,13).
In der Altersgruppe > 75 Jahre kamen
Brustschmerzen bei Frauen und Män-
nern annähernd gleich häufig vor (OR
1,03). Auch die Mortalitätsrate in der
Klinik war bei weiblichen im Vergleich
zu männlichen Infarktpatienten höher
(14,6 % vs. 10,3 %). Dies ging beson-
ders zu Lasten der jüngeren Patientin-
nen mit und ohne typische Brust-
schmerzsymptomatik, deren Kranken-
hausmortalität höher war als bei
männlichen Patienten derselben
Altersgruppe. Auch in Bezug auf die
Mortalität in der Klinik verringerte
sich der Unterschied zwischen den
Geschlechtern mit zunehmendem
Patientenalter bzw. verkehrte sich
sogar ins Gegenteil (OR 1,18 in der
Altersgruppe < 45 Jahre vs. 0,81 bei
Patienten > 75 Jahre). Wie die Daten-
analyse weiter ergab, hatten alle drei
Variablen (Geschlecht, Alter und
Brustschmerz) einen signifikanten
Einfluss auf die Mortalität.
Fazit
Frauen mit einem Herzinfarkt – insbe-
sondere junge Frauen – klagen seltener
über Brustschmerzen und haben eine
höhere Mortalitätsrate als Männer
gleichen Alters, so die Autoren. Die
Unterschiede zwischen den Geschlech-
tern seien in den jungen Altersgrup-
pen besonders ausgeprägt und näh-
men mit steigendem Patientenalter ab.
Dr. med. Barbara Weitz
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 825).
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Medizin
Nr. 7 • Juli 2012
14
jedoch im gesamten Ösophagus auf-
treten [5]. Neben ulzerösen Läsionen
kommen auch hyperplastische For-
men vor, die makroskopisch dem
Ösophaguskarzinom sehr ähnlich sind
und durch Stenosierung auffallen [5,
10].
Die Diagnose der Ösophagustuberku-
lose ist nicht immer einfach zu stel-
len, insbesondere wenn pulmonale
Symptome fehlen. Fehldeutungen als
Karzinom kommen vor, sodass
Patienten Operationen wie Ösopha-
gektomie zugeführt werden [7].
Erschwerend kommt hinzu, dass
Tuberkuloseinfektionen nur selten
durch ein einziges Untersuchungsver-
fahren wie Histologie oder mikrobio-
logische Methoden erfasst werden
[12, 13]. Meist ist zudem eine Viel-
zahl von Biospien notwendig, um den
Erreger nachzuweisen bzw. Granulo-
me zu identifizieren, die häufig nur in
tiefen Biopsien zur Darstellung kom-
men [13]. Auch mittels Mikroskopie,
PCR und Kultur misslingt der Erreger-
nachweis häufig [1, 13].
Typische Komplikationen der Ösopha-
gustuberkulose sind Fistelbildungen
zu Trachea, Bronchien oder mediasti-
nalen Lymphknoten [1, 3-5]. Ferner
kann es zu Stenosen und Strikturen
kommen. Die am meisten gefürchtete
Komplikation ist die Bildung einer
aortoösophagealen Fistel [5]. In frü-
heren Kasuistiken waren, wie auch in
unserem Fall, mediastinale Lymph-
knoten bei fast allen Patienten mit
Ösophagustuberkulose nachzuweisen
[3, 10]. Aufgrund der anatomischen
Gegebenheiten ist in den meisten Fäl-
len anzunehmen, dass eine Primärin-
fektion von mediastinalen Lymphkno-
ten ausgeht und sekundär durch lym-
phogene und hämtogene Ausbreitung
auf den Ösophagus übergreift. Die
Darstellung der betroffenen Lymph-
knoten gelingt meist nur im Compu-
tertomogramm, sodass früher die
Ösophagustuberulose als sekundäre
Manifestation unterschätzt wurde.
Weitere Organbeteiligungen wie Kno-
chen, Leber, Urogenitaltrakt, ZNS
durch miliare Aussaat sind möglich
[4]. Bei unserem Patienten wird eine
Tuberkulose der Leber vermutet.
Die Behandlung der Tuberkulose
erfolgt medikamentös. Chirurgische
Interventionen können bei therapie-
resistenten Fisteln notwendig wer-
den. Üblich ist die Durchführung
einer Standardtherapie durch Kombi-
nation von Isoniazid, Pyrizinamid,
Rifampicin und Ethambutol oder
Streptomycin über 2 Monate und
anschließende Stabilisierungstherapie
über 4 Monate mit Isoniazid und
Rifampicin. Bei vollständig sensiblen
Keimen kann auf Ethambutol verzich-
tet werden und die Intialtherapie mit
drei Antituberkulotika durchgeführt
werden. Bei Vorliegen von Resisten-
zen muss auf Reservemedikamente
zurückgegriffen werden [9, 11].
Konsequenz für Klinik und Praxis
▶ Bei Patienten aus südlichen und
afrikanischen Ländern, insbesonde-
re jüngeren Alters, mit retrosterna-
len Beschwerden sollte eine extra-
pulmonale Tuberkulose in Betracht
gezogen werden.
▶ Die Gastroskopie ist eine wichtige
diagnostische Methode zur Aufde-
ckung einer Ösophagustuberkulose.
▶ Histologie und mikrobiologische
Untersuchungen verhelfen zur
Sicherung der Diagnose. Unter adä-
quater medikamentöser Therapie
ist die Prognose der Erkrankung
gut.
Autorenerklärung: Die Autoren erklä-
ren, dass sie keine finanziellen Ver-
bindungen mit einer Firma haben,
deren Produkt in dem Artikel eine
wichtige Rolle spielt (oder mit einer
Firma, die ein Konkurrenzprodukt
vertreibt).
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J. Rügamer, R. Kaaden
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Impressum
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft
LA-MED Kommunikationsforschung
im Gesundheitswesen e. V.
Mitglied der Informationsgemein-
schaft zur Feststellung der Verbrei-
tung von Werbeträgern e. V.
Frauen mit einem Herzinfarkt sind im Durchschnitt nicht nur älter als
männliche Patienten, bei ihnen treten auch seltener die „klassischen“
Brustschmerzen auf. Letzteres wirkt sich v.a. bei jüngeren Patientin-
nen negativ auf die Prognose aus. In den meisten Studien wird jedoch
das Patientenalter nicht berücksichtigt. Daher untersuchten nun J. G.
Canto et al. an einem großen Patientenkollektiv das Verhältnis zwi-
schen Geschlecht, Symptomen und Krankenhausmortalität allein
sowie unter Einbeziehung des Alters.
JAMA 2012; 307: 813–822
Kardiologie
Herzinfarkt bei Frauen
häufiger tödlich
Kurzmitteilung
Vorsicht bei Aussagen über
Subgruppeneffekte
Bei der Aussagekraft von Behandlungseffek-
ten, die in Subgruppenanalysen ermittelt
wurden, ist Vorsicht geboten. Zu diesem
Ergebnis kamen X. Sun et al. in ihrem syste-
matischen Review. Die Autoren analysierten
insgesamt 207 kürzlich veröffentlichte ran-
domisierte Studien, um die Glaubwürdigkeit
von Aussagen zu beurteilen, die Studienau-
toren über Subgruppeneffekte treffen. Das
Team aus unabhängigen Gutachtern prüfte
dabei, ob und in welcher Stärke in den Stu-
dien Aussagen über Subgruppeneffekte
getroffen wurden. Dabei stellten sie fest,
dass die Autoren in ihrem Studienprotokoll
häufig über Subgruppeneffekte berichten;
die Glaubwürdigkeit der Aussagen ist
jedoch meist gering. Insgesamt wurden in
64 (31 %) der 207 Studien Aussagen über
primäre Endpunkte getroffen. Die Autoren
kommen zu dem Schluss, dass Aussagen
über Subgruppeneffekte nur getroffen wer-
den sollten, wenn ausreichende Beweise
vorliegen. mrs
(BMJ 2012; 344: e1553)