Medizin
Nr. 2 • Februar 2013
14
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Impressum
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft
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im Gesundheitswesen e. V.
Mitglied der Informationsgemein-
schaft zur Feststellung der Verbrei-
tung von Werbeträgern e. V.
tive T-Welle in V1 (> 0,15 mV) vor, die
größer als die T-Welle in V6 war.
Da die T-Welle in V1 bei der Mehrzahl
der Menschen negativ ist, wurde in
der Vergangenheit die Bedeutung der
T-Wellen-Positivierung in mehreren
Studien evaluiert. In einer Studie von
Manno et al. [5] konnte bei 25 % der
Patienten, die in der Koronarangiogra-
phie eine schwere KHK aufwiesen
(mind. 75 %iger Lumenverschluss des
betroffenen Gefäßes), ein positives T
in V1 festgestellt werden. Sowohl bei
koronarer Ein- als auch bei koronarer
Mehrgefäßerkrankung war die positi-
ve T-Welle in V1 ein Prädiktor für
eine signifikante Stenose des Ramus
circumflexus (RCX). Bei koronarer
Zwei-Gefäß-Erkrankung war deutlich
häufiger eine positive T-Welle in V1
zu beobachten, wenn die rechte Herz-
kranzarterie (RCA) und der RCX
betroffen waren. In einer Studie von
Stankovic et al. [9] konnte bei Patien-
ten mit positiver T-Welle in V1 deut-
lich häufiger eine signifikante korona-
re Herzerkrankung als bei Patienten
mit negativer T-Welle festgestellt wer-
den (74 vs. 43 %; p = 0,001). Bei den
Patienten mit T-Wellen-Positivierung
fanden sich häufiger Stenosen des
RCX und des Ramus interventricularis
anterior (RIVA) als bei invertierter
T-Welle. Laut Stankovic et al. [9] ist
die positive T-Welle in V1 ein unab-
hängiger Prädiktor für eine signifi-
kante KHK. Zusammen mit anderen
Prädiktoren für eine koronare Herzer-
krankung berechneten Stankovic et al.
[9] eine Sensitivität von 71 % und eine
Spezifität von 77 % für die positive T-
Welle in V1 als Hinweis für eine koro-
nare Herzerkrankung.
Bereits in den 1960er Jahren wurde
propagiert, dass eine erhöhte T-Welle
in V1 sowie ein Größenunterschied
zwischen der T-Welle in V1 und V6
zugunsten der T-Welle in V1 bei
Patienten mit sonst unauffälligem
EKG ein Zeichen für eine akute oder
chronische Myokardischämie sein
könne [11]. Der beschriebene Größen-
unterschied zwischen der T-Welle in
V1 und V6 wird dabei auch als Verlust
der präkardialen T-Wellen-Balance
bezeichnet. Nach einer von Nalbantgil
et al. in den 1990er Jahren durchge-
führten Studie ist diese EKG-Verände-
rung mit oder ohne weitere EKG-Ver-
änderungen bei Patienten ohne links-
ventrikuläre Hypertrophie ein wichti-
ger Hinweis auf eine koronare Herzer-
krankung, insbesondere mit Beteili-
gung des RIVA [6]. Die Spezifität die-
ser EKG-Veränderung liegt lt. Studie
bei 95,6 %, die Sensitivität bei 16,1 %.
Retrospektiv ist die beim Patienten
gesehene positive T-Welle als Hinweis
für die im Verlauf festgestellte koro-
nare Herzerkrankung zu werten. Die
Beschwerdesymptomatik und die
deutlich erhöhten T-Wellen wiesen
auf eine hyperakute Ischämie hin.
Wie von Weyn et. al und Nalbantgil et
al. propagiert [6, 11], zeigte sich auch
bei unserem Patienten eine KHK mit
Beteiligung des RIVA.
Konsequenz für Klinik
und Praxis
▶ Bei Patienten, die aufgrund von
Thoraxschmerzen in der Notauf-
nahme oder in der Arztpraxis vor-
stellig werden, sollte insbesondere
auf die Polarität der T-Welle in V1
geachtet werden.
▶ Bei positiver T-Welle in V1, insbe-
sondere bei deutlichem Größenun-
terschied zur T-Welle in V6, sollte
bei entsprechender Symptomatik
an eine kardiale Ischämie gedacht
und ggf. frühzeitig eine weiterge-
hende Diagnostik und Therapie ein-
geleitet werden.
Autorenerklärung: Die Autoren erklä-
ren, dass sie keine finanzielle Verbin-
dung mit einer Firma haben, deren
Produkt in diesem Beitrag eine Rolle
spielt (oder mit einer Firma, die ein
Konkurrenzprodukt vertreibt).
Literatur
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vectorcardiographic diagnosis of poste-
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9 Stankovic I, Milekic K, Vlahovic Stipac A
et al. Upright T wave in precordial lead
V1 indicates the presence of significant
coronary artery disease in patients
undergoing coronary angiography with
otherwise unremarkable electrocardio-
gram. Herz 2012; 21 March (Epub ahead
of print)
10 Van Dam R, Durrer D. The T wave and
ventricular repolarization. Am J Cardiol
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11 Weyn AS, Marriott HJ. The T-V1 taller
than T-V6 pattern. Its potential value in
the early recognition of myocardial
disease. Am J Cardiol 1962; 10: 764-766
Korrespondenz
Dr. med. Astrid Högemann
Innere Abteilung, St. Johannes Hospital
Bleichenpfad 9
26316 Varel
Telefon: 04451/920-0
eMail:
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2013; 138:28–
30). Alle Rechte vorbehalten.
Der intravenöse Drogenkonsum gilt als einer der Hauptübertra-
gungswege für HIV. Eine Opiat-Substitutionstherapie kann diesen
Infektionsweg unterbrechen, da die Präparate oral oder als Pflaster
verabreicht werden. G. J. MacArthur et al. gingen der Frage nach, ob
durch solche Maßnahmen auch das HIV-Infektionsrisiko für die Dro-
genkonsumenten reduziert werden kann.
BMJ 2012; 345: e5945
Infektiologie
Opiat-Substitutionsbehandlung redu-
ziert das HIV-Risiko bei Süchtigen
Die Meta-Analyse umfasste 9 Studien,
die die Auswirkungen einer Opiat-Sub-
stitutionstherapie in Bezug auf die
Übertragung von HIV untersuchten. In
allen Studien wurde Methadon zur
Substitution eingesetzt. Es wurden
Daten von 23 608 Patientenjahren aus-
gewertet, in denen 819 HIV-Infektio-
nen auftraten.
Die Beurteilung der Studien ergab,
dass eine Opiat-Substitution das Risiko
einer HIV-Infektion bei den Drogen-
konsumenten um 54% (relative Rate
0,46; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,32-
0,67, p<0,001) reduzieren kann. Es gab
Hinweise auf Heterogenität zwischen
den Studien (I
2
=60%, χ
2
=20,12,
p=0,010), die sich nicht durch geo-
graphische Region, Rekrutierungs-
standort oder Entlohnung erklären
ließ. Weiterhin lagen nur schwache
Hinweise dafür vor, dass eine länger
andauernde Opiat-Substitutionsthera-
pie mit einem höheren Nutzen ver-
bunden ist.
Fazit
Die Substitutionsbehandlung mit
Methadon kann Drogenabhängige, die
Opioide injizieren, effektiv vor einer
HIV-Infektion schützen. Die Autoren
werten dies als Zeichen dafür, dass die
Teilnehmer eines solchen Substituti-
onsprogramms eine veränderte Moti-
vation und Konsumpraxis an den Tag
legen. Sie fordern daher weiterführen-
de Programme, die diese Verhaltens-
änderungen unterstützen und fördern.
Sponsoring: Die Studie wurde von
öffentlichen Institutionen finanziert.
Uwe Glatz
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2012; 137:2624).
Alle Rechte vorbehalten.
Abb. 2
EKG-Verlaufskontrolle nach ca. vier Stunden. Die T-Wellen-Erhöhung in V1 und V2
ist rückläufig, die T-Welle in V1 weiter leicht positiv (< 0,15 mV).