StartseitePresseKontakt

| Artikel

Klinikplanung: Ist es besser, den Wettbewerb auszuschalten?

Ist die passgenaue Krankenhausplanung aus NRW wirklich die Lösung für die Versorgungsprobleme? Zumindest die Ampel-Koalitionäre schielen schon nach dem Konzept. Jetzt wäre es an der Zeit, dass sich die Ärztekammern einbringen.

PD Dr. med. Kevin Schulte / © Privat

Ist Wettbewerb im Gesundheitswesen notwendig oder schädlich? Im Hinblick auf den seit Jahren stattfindenden Wettbewerb der Krankenhäuser bei möglichst vielen Patientinnen und Patienten die durchschnittliche mittlere Verweildauer zu unterbieten, wird den meisten eine eindeutige Antwort auf den Lippen liegen. Das trifft auch auf die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) zu, die kürzlich verlauten ließ, dass Gesundheit kein normales Gesundheitsgut sei, weswegen „Wettbewerb in diesem Bereich nicht alles richten“ könne.

Dieser Äußerung der DKG ist ein Gutachten der Monopolkommission mit dem Titel „Krankenhausversorgung nach Corona: Wettbewerb, Planung und Finanzierung neu organisieren“ vorausgegangen.

Zur Einordnung: Die Monopolkommission ist ein unabhängiges und gesetzlich verankertes Beratungsgremium, welches die Bundesregierung in Fragen der Wettbewerbspolitik sowie des Wettbewerbsrechts berät. Es ist zumindest eine Randnotiz wert, dass dieses Gremium schneller mit konkreten Vorschlägen zur Reform des stationären Sektors aufwartet, als die von Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach berufene Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung.

Kritik am G-BA-Modell

Vor allem ein Aspekt des 200-seitigen Gutachtens sollte die Ärzteschaft beschäftigen: Die Monopolkommission sorgt sich um die medizinische Versorgungsqualität in den deutschen Krankenhäusern. Diese wäre für die Patientinnen und Patienten sowie zuweisenden Ärztinnen und Ärzte nur schwer zu beurteilen, da die Transparenz nicht ausreichend sei. So würden beispielsweise nur ein Viertel der Krankenhausleistungen nach Qualitätsindikatoren bewertet, ferner würden diese Qualitätsindikatoren über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ausgestaltet. Die Krankenhäuser hätten also die Möglichkeit, ihre eigene Kontrolle zu definieren. Deswegen, so die Kommission, seien Reformen notwendig, um mehr Qualitätstransparenz zu schaffen und derart einen Qualitätswettbewerb zu ermöglichen.

In eine ähnliche Richtung argumentierte im vergangenen Jahr das Bundeskartellamt, als es verdeutlichte, dass der lokale Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern eine zentrale Bedeutung für die stationäre Versorgungsqualität hätte. Da nahezu alle Behandlungsfälle via DRG-System einheitlich vergütet würden, gäbe es nahezu keinen Preiswettbewerb zwischen den Kliniken. Der bestehende Wettbewerb würde deshalb weitgehend auf den wahrgenommenen Qualitätsunterschieden beruhen. Gefährlich würde es dort – und hier sind sich Kartellamt und Monopolkommission einig – wo es „wettbewerbsbeschränkende Absprachen“ gäbe. Entweder, weil die komplette Versorgungsstruktur in der Hand eines Trägers liegt, oder aber, weil verschiedene Träger ihr Leistungsangebot lokal abgestimmt haben.

In diesem Kontext lohnt ein Blick nach Nordrhein-Westfalen. Dort wurden in den letzten Jahren große Mühen unternommen die Krankenhausplanung derart zu reformieren, dass zukünftig ein passgenau bedarfsorientiertes Leistungsangebot besteht. Mit anderen Worten heißt das, dass redundante Leistungsangebote abgewickelt werden sollen. Eine derart passgenaue Planung eliminiert logischerweise jegliche Konkurrenz; es wird quasi eine Monopolsituation geplant. In einer derartigen Krankenhausstruktur stellt sich sowohl für die Einweiser als auch die Patienten eine alternativlose Angebotssituation dar.

Peer-Review-Verfahren wäre sinnvoller

Vielen scheint es ausgemacht, dass die Vorstellungen der Ampel-Koalition in puncto Krankenhausplanung sich sehr stark an dem nordrhein-westfälischen Vorbild orientieren werden. Vermutlich wird sich die eingangs gestellte Frage für die deutschen Krankenhäuser in Zukunft also gar nicht mehr stellen.

Vor diesem Hintergrund ist es zwingend notwendig, eine validere und transparentere Qualitätssicherung zu fordern. Es ist aber zu bezweifeln, dass diese Aufgabe, wie von der Monopolkommission vorgesehen, sinnvoll von den Krankenkassen ausgefüllt werden kann. Ebenso sollte diese Aufgabe nicht alleinige Sache des IQTIG sein. Es ist einfach unmöglich, durch zentralistisch festgelegte Qualitätsparameter spezifische lokale Probleme zu detektieren. Richtig wäre ein ärztlich getragenes, standardisiertes Peer-Review-Verfahren. Diese Systematik hat das Potenzial sinnvoll Versorgungsqualität zu analysieren und konstruktive Verbesserungsmaßnahmen aufzustellen. Es ist Aufgabe der Ärztekammern, dieses bestehende Defizit rasch anzugehen, um dem Gesetzgeber vorzugreifen. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Thematik in Zukunft noch mehr in den öffentlichen Fokus rückt.

Ein Beitrag von PD Dr. med. Kevin Schulte

Erschienen in BDIaktuell 07/08/2022