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| Recht

Augen auf beim Praxiskauf

Die Beratungspraxis zeigt, dass es wichtig ist, auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom November 2021 (Az.: VIII ZR 362/19) noch einmal einzugehen: Ein Vertrag über die Abgabe und Veräußerung des Patientenstamms ist ggf. als entgeltliche Patientenzuweisung anzusehen. Davon ist zumindest immer dann auszugehen, wenn der Verkäufer sich in dem Vertrag gegen Zahlung des Kaufpreises dazu verpflichtet, auf die Patienten mit der Absicht hinzuwirken, diese zu einer Fortsetzung ihrer Behandlung durch den Käufer zu bewegen.

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Der vor dem BGH verhandelte Fall ist für niedergelassene Ärzte und Ärztinnen aller Fachrichtung von großer Bedeutung! 

In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Verkäufer einer Zahnarztpraxis mit der Käuferin vereinbart, den Patientenstamm der Praxis gegen Zahlung von 12.000 Euro zu veräußern. Er verpflichtete sich in dem Vertrag weiterhin, eine Rufumleitung auf den Telefonanschluss der Käuferin als Übernehmerin der Praxis sowie eine Weiterleitung von Domain-Aufrufen auf die Homepage der Übernehmerin einzurichten. In einem Informationsschreiben – so die weitere vertragliche Vereinbarung – sollte auf die Übernahme der Praxis hingewiesen werden und zudem sollte den Patienten darin die Fortsetzung der Behandlung durch die Übernehmerin empfohlen werden. Sie wurden darum gebeten, der Übernehmerin zukünftig ihr Vertrauen zu schenken.  

Die Praxisübernehmerin berief sich im Nachhinein, nach dem sie sich bei ihrer zuständigen Kammer informiert hatte, auf die Nichtigkeit des Vertrages. Der BGH sah in den vertraglich übernommenen Verpflichtungen einen berufsrechtlichen Verstoß gegen das Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung. Das Verbot stellt ein sog. Verbotsgesetz dar, so dass der gesamte Kaufvertrag nichtig und damit hinfällig war. 

Damit hat das Gericht klargestellt: Patienten können ihren Arzt grundsätzlich frei wählen. Veräußert werden können nur ihre Daten verbunden mit dem Versuch, sie zur Weiterbehandlung durch den Erwerber zu bewegen. Mit den hier getroffenen Abreden haben die Parteien die Grenze des Zulässigen überschritten, indem Patienten nicht nur durch Umleitung auf die Domain und Telefonnummer der Käuferin zugeführt werden sollten, sondern die Verkäuferin die übernehmende Kollegin auch ausdrücklich „empfehlen“ sollte. 

Die tägliche Beratungspraxis unserer Rechtsberatung gibt Anlass auf die Bedeutung und die Auswirkungen des Zuweisungsverbotes noch einmal näher einzugehen:  

Die Verweisung eines Patienten an einen anderen Arzt oder einen Heil-/ bzw. Hilfsmittelerbringer ist nicht zulässig.  

Ausnahmen bestehen nur dann, wenn ein Patient ausdrücklich danach fragt bzw. ein Grund für eine Verweisung besteht. Ein solcher Grund kann z.B. in der Vermeidung von Wegen für gehbehinderte Patienten nach Auffassung des BGH gesehen werden, auch die Qualität der Versorgung kann im Einzelfall als Grund geltend gemacht werden. Fragt hingegen der Patient oder die Patientin nicht oder besteht kein Verweisungsgrund, ist eine Verweisung auch ohne Gegenleistung einer Entgeltzahlung unzulässig! 

Wird nach einer Empfehlung gefragt oder besteht ein hinreichender Grund und erhält der angefragte Leistungserbringer hierfür ein Entgelt, liegt hierin ein Verstoß gegen das berufsrechtlich verankerte Verbot der entgeltlichen Zuweisung. Darüber hinaus muss immer auch die strafrechtliche Relevanz solchen Vorgehens beachtet werden, da hier auch Antikorruptionstatbestände der §§ 299 ff Strafgesetzbuch tangiert sind! 

Fazit:  

Unter Beachtung der o.g. Rechtsprechung des BGH sollte bei der Abgabe einer Arztpraxis immer darauf geachtet werden, dass nicht nur immaterielle Werte (Patientenstamm) sondern auch materielle Vermögenswerte veräußert werden. Als materielle Vermögenswerte gelten alle Gegenstände einer Arztpraxis von der Bestuhlung des Wartezimmers bis hin zur Behandlungsliege und Untersuchungsmaterial wie Ultraschallgeräte.

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