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BDI aktuell
November 2014
ie Geschichte zeigt: Die Ärzteschaft kann
viel erreichen, wenn sie sich auf ihre ge-
meinsamen Wurzeln und Interessen be-
sinnt und sich nicht in kleine und kleinste Inter-
essengruppierungen auseinander dividieren lässt.
Wenn wir unsere Einheit und Gemeinsamkeit
aufgeben, werden wir zum Spielball von Politik
und mächtigen Interessengruppen.
Im Augenblick erleben wir, dass eine kleine,
aber kämpferische Minderheit daran arbeitet, die
gemeinsame Selbstverwaltung in der Vertreter-
versammlung der Kassenärztlichen Bundesverei-
nigung (KBV) in getrennte Lager aufzuspalten
und die KBV zu trennen. Dem widersetzt sich
D
der BDI mit aller Kraft. Unser Berufsverband
zeigt, was eine starke und handlungsfähige Orga-
nisation in einer Zeit der gesundheitspolitischen
Umwälzungen zu leisten imstande ist.
Unsere Stärke wird durch konstruktive Arbeit,
positive Vorschläge, Offenheit für Kooperationen
und Suche nach Partnern für ge-
meinsame berufliche wie politi-
sche Ziele gewonnen. Nur so
können wir auch Einfluss auf po-
litische Entscheidungen nehmen.
Dabei steht der BDI für die
berufspolitische Vertretung aller
Internisten und internistischen
Verbände in allen Versorgungs-
bereichen sowie berufspolitisch wichtigen Gremi-
en.
Neben der individuellen Betreuung unserer
Mitglieder setzt sich der Berufsverband vor allem
für die Gesamtheit mit ihren unterschiedlichen
Strukturen ein, die er immer wieder bei allen
Unterschieden auf einen gemeinsamen Nenner
zurückzuführen sucht. Das gilt auch für die be-
rufspolitische Arbeit in der gemeinsamen Selbst-
verwaltung. Der jährlich in Berlin stattfindende
Deutsche Internistentag und unsere Zeitschrift
„BDI aktuell“ belegen das deutlich in der Öf-
fentlichkeit.
In diesem Sinne appellieren wir an alle in der
KBV-Vertreterversammlung vertretenen Grup-
pen, sich auf die Positionen zu besinnen, die für
die gesamte Ärzteschaft wichtig sind. Es ist an
der Zeit, die Streitigkeiten zu beenden und die
Einheit in der KBV wieder herzustellen.
Der BDI setzt sich gemeinsam mit den ande-
ren ärztlichen Berufsgruppen für die Erhaltung
der Freiberuflichkeit des Arztes, seine angemes-
sene Honorierung im Krankenhaus und in der
ambulanten Versorgung, weniger Bürokratie und
von der Politik losgelöster Entscheidungskompe-
tenz ein.
Die Vertreterversammlung der KBV ist quasi
der Aufsichtsrat für die regionalen KV-Vorstän-
de. Damit dieser Aufsichtsrat seine Arbeit opti-
mal bewältigen kann, schlagen wir vor, das Wahl-
recht so zu verändern, dass nur Ehrenamtliche
und keine hauptamtlichen KV-Funktionäre in
die Vertreterversammlung gewählt werden dür-
fen. Zurzeit kontrollieren sich die hauptamtli-
chen Vorstände quasi selbst, was dem demokrati-
schem Verständnis des BDI widerspricht.
Haus- und Fachärzte können in der Vertreter-
versammlung ihre Interessen verfolgen, ohne das
als Kampf gegeneinander aufzufassen. Ein gutes
Miteinander macht unsere ärztliche Selbstver-
waltung zu einem von allen Seiten respektierten
Instrument in der Berufs- und Gesundheits-
politik.
Ihr Wolfgang Wesiack
Nur vereint sind wir stark
EDITORIAL
Von Dr. Wolfgang Wesiack
Präsident des BDI
Es ist an der Zeit, die Streitigkeiten
zu beenden und die Einheit in der
KBV wieder herzustellen.
Ob Zweitmeinung, Wirtschaftlich-
keitsprüfung oder innovative Behand-
lungsmethoden: Der Entwurf des Ver-
sorgungsstärkungsgesetzes bietet für
niedergelassene wie Klinikärzte einige
Überraschungen – gute und schlechte:
Wirtschaftlichkeit ärztlicher Leis-
tungen:
Wirtschaftlichkeitsprüfungen
sollen regionalisiert werden. Auf Län-
derebene sollen Kassen und KVen
Prüfvereinbarungen treffen, die ab
2017 gelten. Dabei sollen die Indikati-
on, die Effektivität, die Qualität und
die Kosten in Relation zum Behand-
lungsziel gesetzt werden. Die für die
Prüfung nötigen Rahmenvorgaben sol-
len durch die Kassenärztliche Bundes-
vereinigung (KBV) und den GKV-
Spitzenverband vorgegeben werden.
Neben den Verordnungen von Ärz-
ten stehen auch die ärztlichen Leistun-
gen hinsichtlich ihrer Wirtschaftlich-
keit auf dem Prüfstand. Hierzu gehö-
ren Überweisungen, Krankenhausein-
weisungen und das Ausstellen von Ar-
beitsunfähigkeitsbescheinigungen. Er-
geben die Prüfungen beispielsweise,
dass ein Arzt Arbeitsunfähigkeit fest-
gestellt hat, obwohl die medizinischen
Voraussetzungen dafür nicht vorlagen,
kann der Arbeitgeber – der zu Unrecht
Arbeitsentgelt gezahlt hat, und die
Kasse, die zu Unrecht Krankengeld
gezahlt hat – von dem Arzt Schadener-
satz verlangen. Vorausgesetzt die Ar-
beitsunfähigkeit wurde grob fahrlässig
oder vorsätzlich festgestellt.
Zweitmeinung:
Nach dem Gesetz-
entwurf sollen Versicherte Anspruch
auf eine ärztliche Zweitmeinung bei
planbaren Eingriffen haben. Um wel-
che Eingriffe es sich im Einzelnen han-
delt, soll der Gemeinsame Bundesaus-
schuss festlegen. Es handelt sich dabei
um eine salomonische Formulierung.
Denn hierauf hatten vor allem die
Krankenkassen gedrängt, weil sie sich
davon erhoffen, die Menge an Eingrif-
fen zu begrenzen, und weniger – wie
behauptet – aus Gründen der Quali-
tätssteigerung.
Die Zweitmeinung wird in praxi
schon immer gelebt, was ändert sich
also? Der behandelnde Arzt muss min-
destens zehn Tage vor dem Eingriff
mündlich und schriftlich seinen Pati-
enten über seinen Anspruch auf
Zweitmeinung informieren und ihm
Ärzte oder Institutionen benennen, bei
denen er diese einholen kann.
Innovationen bei Medizinprodukten:
Wichtig für Kliniken sind die Medizin-
produkte. Hier wird für Innovationen
teils eine frühe Nutzenbewertung
durch den GBA eingeführt. Innovative
Untersuchungen und Behandlungsme-
thoden (NUB-Leistungen) werden
künftig bei invasiven Verfahren einer
Kontrolle des GBA unterworfen. Bis-
her konnten Kliniken diese, aufgrund
des sogenannten Verbotsvorbehalts,
ohne positive Richtlinienentscheidung
des GBA erbringen.
Will eine Klinik eine NUB-Leistun-
gen einsetzen, muss es den GBA darü-
ber künftig informieren. Dabei muss
sie die vorliegenden wissenschaftlichen
Erkenntnisse zur Bewertung der Me-
thode übermitteln. In das Bewertungs-
verfahren werden weitere Kranken-
häuser einbezogen, die auch die Me-
thode erbringen wollen. Stellt der
GBA fest, dass die Erkenntnisse nicht
ausreichen, entscheidet er, ob eine Er-
probung vorgenommen werden soll.
Er kann auch Studien von bis zu drei
Jahren veranlassen. Die Bewertung
über Nutzen und Schaden der Metho-
de, im Verhältnis zu ihrem Potenzial,
hat der GBA innerhalb von drei Mo-
naten zu treffen. Er kann dabei auf das
Institut für Qualität und Wirtschaft-
lichkeit im Gesundheitswesen (IQ-
WiG) zurückgreifen.
Sofern die neue Methode kein neu-
es theoretisch-wissenschaftliches Kon-
zept aufweist, bedarf es keiner weite-
ren GBA-Prüfung. Dies trifft etwa auf
etablierte medizinische Verfahren zu,
deren Nutzen bekannt ist. Die Umset-
zung der Vorgaben wird neue Büro-
kratie auslösen und deshalb wieder
einmal mehr bei der Selbstverwaltung
abgeladen.
Weiterbildung:
Ein großer Passus
widmet sich der Förderung der Wei-
terbildung in der Allgemeinmedizin.
Kassen und KVen sollen die Förde-
rung der hausärztlichen Versorgung
und die allgemeinmedizinische Weiter-
bildung in den Praxen von Vertrags-
ärzten ausbauen. Die Kosten hierfür
sollen KVen und Kassen je zur Hälfte
tragen. Die Zuschüsse der Kassen
werden hierfür außerhalb der Gesamt-
vergütung gewährt.
Bundesweit soll die Anzahl der ge-
förderten
allgemeinmedizinischen
Weiterbildungsstellen auf mindestens
7500 angehoben werden. KBV und
GKV-Spitzenverband müssen die Hö-
he der finanziellen Förderung noch
aushandeln und mit der Bundesärzte-
kammer das „Benehmen“ herstellen.
Gesamtvergütung:
In der vertrags-
ärztlichen Vergütung sollen unbegrün-
dete regionale Unterschiede abgebaut
werden. Daher sollen Kassen und KV
regional bei den Verhandlungen zur
Gesamtvergütung für 2016 eine ein-
malige basiswirksame Erhöhung ver-
einbaren können. Der Einheitliche Be-
wertungsmaßstab (EBM) soll stetig in
bestimmten Zeitabständen angepasst
werden, um die Honorargerechtigkeit
zu fördern. Grundlage dafür sollen be-
triebswirtschaftliche Daten sein, die in
sachgerechten Stichproben gewonnen
wurden.
Ärger machen wird der Finanzaus-
gleich zwischen den Ländern bei der
Verteilung der Gelder aus der Gesamt-
vergütung. Hier geht man vom Durch-
schnitt der Kosten eines Versicherten
als Grundlage aus. Besonders südliche
Bundesländer werden sich dies kaum
widerspruchslos gefallen lassen.
Innovationsförderung:
Der GBA soll
zur Innovationsförderung einen Inno-
vationsausschuss gründen, der die
Umsetzung durch entsprechende
Richtlinien sicherstellen soll.
Neue Regeln zur Wirtschaftlichkeitsprüfung
SCHWERPUNKT
Von Dr. Hans-Friedrich Spies
und Tilo Radau
Mit dem Versorgungs-
stärkungsgesetz will die
Regierung Wirtschaftlich-
keitsprüfungen regionalisie-
ren. Für Kliniken drohen
böse Überraschungen beim
Einsatz neuer Methoden.
Fazit
Betrachtet man die unterschiedli-
chen Ansätze dieses Gesetzentwur-
fes, fällt auf, dass es sich durchweg
um
Vorschläge
handelt, die einer
Zustimmung der Länder nicht be-
dürfen
.
Den großen Block Klinik-Reform
einschließlich der Finanzierung hat
man noch nicht angefasst. Hier hat
die Bundesregierung wohl noch ei-
nen großen Abstimmungsbedarf mit
den Ländern.
Künftig werden nicht nur Verordnungen, sondern auch ärztliche Leistungen auf Wirtschaftlichkeit geprüft.
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